Schüssler und die verschwundenen Mädchen

Buchseite und Rezensionen zu 'Schüssler und die verschwundenen Mädchen' von Viktor Glass
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Inhaltsangabe zu "Schüssler und die verschwundenen Mädchen"

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Autor:
Format:Kindle Ausgabe
Seiten:296
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Rezensionen zu "Schüssler und die verschwundenen Mädchen"

  1. Spannender Krimi im Augsburg von 1890

    Ludwig Schüssler hat eine Ausbildung bei der Polizei absolviert. Heute ist er allerdings Fachmann für spezielle Ermittlungen. Er wird von Firmenchefs angeheuert, um Diebstähle aufzudecken und er hat vor kurzem erst erfolgreich ein kleines, entlaufenes Mädchen zu seinen Eltern zurückgebracht. Letzteres hat ihm einigen Ruhm eingebracht. Gerne sitzt Ludwig Bier trinkend und Zigarre rauchend in seiner Stammkneipe „Zum Lahmen Hasen“. Eines Abends kommt der junge Soldat Augustin Hipp zu ihm, um seine Dienste in Anspruch zu nehmen. Hipp vermisst seine Verlobte Luise, die als Hausmädchen in Stellung war und plötzlich ohne Absage an ihn nicht mehr aufzufinden ist. Die Zeiten für die einfachen Frauen sind schwer in Augsburg: Durch die zunehmende Industrialisierung werden laufend weniger weibliche Arbeitskräfte gebraucht, die Not ist groß. Immer wieder kommt es vor, dass sich junge Frauen in ihrer Hoffnungslosigkeit das Leben nehmen oder in anderen Gegenden ihr Glück suchen.

    Trotzdem nimmt Ludwig den Fall an. Als Leser begleitet man den mittelalten, etwas schrulligen Ermittler durch die Altstadt Augsburgs, man spürt die Atmosphäre der alten Gassen, man sieht das bunte Publikum der Kneipen vor dem inneren Auge, alles ist sehr bildlich dargestellt. Man ist bei Schüsslers Ermittlung im Textilgeschäft dabei, als er einer gerissenen Diebesbande das Handwerk legt. Dort lernt er auch die couragierte Caroline Geiger kennen, die in einem Kloster angestellt ist und sich dort um vier alte Damen kümmert. Dadurch kann sie ohne Ehemann eigenständig leben. Caroline ist fasziniert von Ludwigs Arbeit. Die beiden befreunden sich schnell und fangen an, im Team zu arbeiten. Beide sind sehr aufmerksame und gute Beobachter. Mit ihrem detektivischen Talent können sie verschiedene Sachverhalte miteinander verknüpfen, gerne kommt ihnen auch der Zufall zur Hilfe. So wird bald klar, dass nicht nur Luise verschwunden ist, sondern noch weitere junge Mädchen. Offensichtlich standen sie alle mit einem Maler Berwanger in Verbindung. Als dann auch noch kompromittierende Fotos der Vermissten auftauchen, wird klar, dass es sich hier um ein organisiertes Verbrechen handeln muss, für das mehrere Täter verantwortlich sind…

    Von Beginn an hat mir das Buch gut gefallen. In einzelnen Episoden werden die Figuren und ihr Umfeld sorgfältig vorgestellt. Man erfährt einiges über die Besonderheiten Augsburgs, über die schwierige Zeit und das Leben der einfachen Leute im ausgehenden 19. Jahrhundert. Zunächst hat der eigentliche Kriminalfall fast eine untergeordnete Bedeutung, erst mit der Zeit spürt man, wie sich die einzelnen Kapitel verzahnen. Ziemlich geradlinig kommt das Ermittlerduo dabei vorwärts, kann seine Erkenntnisse verknüpfen und liegt immer richtig dabei. Die Guten und die Bösen sind relativ leicht zu durchschauen. Das hat mich bestens unterhalten. Es muss nicht immer kompliziert sein. Einziger Kritikpunkt: Das Ausmaß des letztendlich aufgedeckten Verbrechens ist so immens, dass die geschilderte Tragweite für die Opfer fast verharmlost wird. Vielleicht muss man das aber auch vor dem Hintergrund der Zeit sehen. Die Persönlichkeit des Einzelnen, noch dazu die von Frauen, hatte vermutlich keine Bedeutung. Man musste einfach nur funktionieren.

    Insofern empfehle ich diesen Roman sehr gerne weiter. Für mich, als ungeübte Krimileserin, war er spannend, unterhaltsam und durch das historische Setting lehrreich. Ich bin gespannt, ob es noch weitere Krimis mit dem Ermittlerduo geben wird.

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