Phantome: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Phantome: Roman' von Robert Prosser
5
5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Phantome: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:336
EAN:9783961010097

Rezensionen zu "Phantome: Roman"

  1. 5
    19. Sep 2017 

    Sehr gut recherchiert & einfühlsam: Identität und Vertreibung

    Robert Prosser taucht kurz ins Leben als Graffiti-Sprayer ein, und schildert dann Szenen aus dem Jugoslawienkrieg, aus den Augen der Betroffenen erzählt, darunter auch persönliche Schicksale und drastische Verbrechen, die bis heute nicht aufgearbeitet sind und weit in die Generation der Kinder der Geflüchteten nachwirken.

    Anisa, eine Hauptfigur, flüchtet 1992 aus Sarajewo nach Wien. In den beginnenden ethnischen Säuberungen - auch das horrende Massaker von Srebrenica wird erwähnt - hat sie ihren Vater zurücklassen und unter Lebensgefahr fliehen müssen – und sie wird ihn auch später nie wiedersehen. Von ihrem Freund Jovan, einem bosnischen Serben, der zum Militärdienst eingezogen wurde, konnte sie sich genausowenig verabschieden, man erfährt in einer rasanten Erzählung aber auch seine Lebensgeschichte.

    Jahrzehnte später reist Anisas Tochter Sara auf den Spuren ihrer Mutter nach Bosnien-Herzegowina und ihr Sprayer-Freund, der sie dorthin begleitet, erschließt sich eine fast vergessene, aber in Bosnien allgegenwärtige Konfliktwelt und beginnt langsam zu reflektieren, was im Leben der Mutter seiner Freundin vorgefallen ist - welches natürlich das Leben, die Erfahrungen und die Hoffnungen so vieler Flüchtlinge heute - widerspiegelt. Es geht, wie im Hamburger Abendblatt kommentiert, um "Identität, Vertreibung und nicht geheilte Wunden" - ein wirklich hochwertiger Roman, keine leichte Strandlektüre.

    Die Geschichte hat mehrere Teile und ist in verschiedenen Sprachstilen verfasst. Erst der coole Graffiti-Sprayer, dann die Geschichte Anisas mit ihrer Flucht und den Erlebnissen im Flüchtlingslager, Jovan und seine vielverzweigte Geschichte, dazwischen das Pärchen in der Jetztzeit: Anisas Tochter Sarah und ihr Graffiti-Freund..

    Ein ergreifender Roman, der in ironischer Trockenheit und gekonnter Manier aufklärt und Einblick gibt wie es damals und heute um die Konfliktsituation stand/steht: Serben, Kroaten, Vucic, Mladic - um dann wieder einzutauchen in einfühlsame und ergreifende Schilderungen wie die sehr persönlichen Reflexionen Anisas über die Kunstgemälde des Museums.
    Sehr gelungen!

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