Nächstes Jahr in Berlin

Rezensionen zu "Nächstes Jahr in Berlin"

  1. Konnte mich nicht fesseln

    Klappentext:
    „Eine Mutter stirbt – eine Tochter, die bis dahin auf Distanz zu ihr gegangen ist, wird so mit der Vergangenheit konfrontiert. Hinzu kommt die überraschende Enthüllung eines Bekannten, die alle eigenen Erinnerungen und die Erzählungen der Mutter in ein neues Licht rückt. Das Schicksal der Mutter während des Zweiten Weltkriegs – auf der Flucht aus Ostpreußen und im Deutschland der Nachkriegszeit – wird mit ungeheurer Intensität, Bildkraft und Dichte geschildert.“

    Nö...dem kann ich nicht zustimmen. Ich habe weder einen Intensität noch eine hohe Bildkraft beim lesen dieser Geschichte wahrgenommen. Im Gegenteil. Die Geschichte hat zwar einen sehr guten Plot, der aber völlig verfehlt wurde. Seeberger spricht irgendwie in Rätseln und genau das hat es so schwer gemacht sie zu verstehen. Natürlich spürt man den Verlust der Mutter und ihren Schmerz, schreibt doch Seeberger ihre eigene Geschichte nieder. Aber dennoch war es für mich wirklich mühsam sie zu verstehen, es zu erkennen, was sie eigentlich mit ihren Worten dem Leser sagen möchte. Aus einem wirren Gespinst soll sich dann der Leser selbst ein Bild erarbeiten...gelingt aber schwer, wenn man nur so Brocken hingeworfen bekommt, die man dann selbst zusammen setzten soll....Dieses buch wirkt eher wie ein Notizbuch mit ihren flüchtig-notierten Gedanken die raus wollten, was auch gut und richtig ist, aber mehr nicht.
    Nein, das war kein Lesevergnügen sondern eher eine Qual.

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  1. Enttäuschend

    Nachdem „Goodbye Bukarest“ 2020 zu meinen Lesehighlights gehörte, freute ich mich auf die Fortsetzung von Astrid Seebergers Familiengeschichte; diesmal mit dem Titel „Nächstes Jahr in Berlin“.

    Darin verarbeitet sie den Tod ihrer Mutter sowie das schwierige Verhältnis zu ihr.
    Und irgendwie hat sich dieses schwierige Verhältnis auf das Buch ausgewirkt. Ich habe nämlich zu selbigem überhaupt keinen Zugang gefunden. Für diese These spricht, dass ich bestimmt 3 Anläufe gebraucht habe, um über die ersten Seiten hinaus zu kommen.

    Ich will Astrid Seeberger gar nicht absprechen, schreiben zu können. Sie weiß geschickt mit Formulierungen, Sprache etc. umzugehen. Und sicher ist es auch nicht einfach, das eigene (schwierige) Verhältnis zu einem Elternteil in Romanform zu packen und so persönliche Ereignisse mit etlichen unbekannten Menschen zu teilen.

    Und doch wirkt die Geschichte ihrer Mutter wie ein Mosaik oder ein Puzzle, dass nicht „zusammenpassen“ will und kann. Die Zeit- und Handlungssprünge sind extrem verwirrend, die aus dem Zusammenhang reißenden sexuellen Begehrlichkeiten haben sich mir in keinster Weise erschlossen und auch sonst plätschert die Story eher vor sich hin, als dass sie mich (bei aller Tragik, die eine Flüchtlingsgeschichte mit sich bringt) wie ein reißender Fluss mitgerissen hat – nein, ich kann leider nichts Anderes schreiben, als dass ich enttäuscht bin von der Geschichte.

    Da nützen auch die Kafka-Zitate nichts, die mich sonst jubeln und dem Buch per se eine höhere Bewertung geben lassen würden. *Übertreibmodus aus*

    Und so kann ich diesmal leider nur 2 enttäuschte Sterne vergeben.

    ©kingofmusic

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  1. Erzählte Erinnerungen aus einer bewegten Zeit

    „Großvater wusste, was ich wollte, er wusste es, bevor ich es selber wusste. Schreiben war mein Leben.“ (Zitat Pos. 2471)

    Inhalt
    Nach dem Erscheinen ihres Buches „Goodbye Bukarest“ in Deutschland, meldet sich der Priester Alois, ein alter, enger Freund ihres Vaters, über den Verlag bei der Ich-Erzählerin, um ihr etwas über ihre Mutter zu erzählen. Fünf Jahre sind seit dem Tod ihrer Mutter vergangen und nun schreibt die Tochter die Geschichten über die Familie nieder, die ihre Mutter ihr erzählt hatte. Gleichzeitig denkt sie über die Zeit kurz vor und nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 2007 nach, über ihre eigenen Erinnerungen an die Eltern und die Großeltern und verbindet diese mit ihrem aktuellen Leben, die Zeit des Schreibens zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013.

    Thema und Genre
    Dieser autobiografische Roman ist eher ein Erzählband, mit einer Familiengeschichte durch bewegte Jahre einer glücklichen Zeit in Ostpreußen, Vertreibung, Flucht, Krieg, das geteilte Deutschland und einer problematischen Mutter-Tochter-Beziehung als Verbindung der einzelnen Fragmente aus Geschichten und Erinnerungen.

    Charaktere
    Durch den dichten, autobiografischen Hintergrund dieses Romans sind die handelnden Personen sehr realistisch und präzise beschrieben, ihr Verhalten im Rahmen der Ereignisse verständlich und nachvollziehbar. Andererseits bleiben sie gerade wegen dieser Realität auf Distanz zum Leser.

    Handlung und Schreibstil
    Es ist ein Roman in Fragmenten. Im ersten, sehr beklemmenden Teil wechseln die Erinnerungen an die Tage vor und nach dem Tod der Mutter im Jahr 2007 mit dem aktuellen Jahr zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013, in welchem die Tochter als Ich-Erzählerin in ihrem Haus auf einer Insel in einem See in Schweden an dem Buch über ihre Mutter schreibt. Den zweiten Teil bilden viele einzelne Erzählungen, nicht immer chronologisch, die in vier großen Kapiteln mit je einem übergeordneten Thema zusammengefasst sind. Es sind die Familiengeschichten, die ihre Mutter ihr erzählt hat, beginnend mit der Kindheit und Jugend der Mutter in Ostpreußen. Daran schließen die eigenen Kindheitserinnerungen der Tochter an. Das letzte dieser vier Kapitel hat jene der Ich-Erzählerin bisher unbekannte Geschichte über ein Ereignis aus dem Leben der Mutter zum Inhalt, die ihr der alte Freund ihres Vaters erzählt, und die den Übergang bildet zum nachfolgenden Roman „Goodbye Bukarest“, der aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen in deutscher Übersetzung jedoch als erstes Buch erschienen ist.

    Fazit
    Ein stark autobiografischer Roman, der sich aus vielen unterschiedlichen Geschichten aus dem Leben von insgesamt drei Generationen der Familie der Ich-Erzählerin zusammensetzt. Es sind beklemmende Ereignisse, aber auch glückliche Kindheitserinnerungen, insgesamt eine sehr persönliche Aufarbeitung der schwierigen Mutter-Tochter-Beziehung, geschrieben in einer poetischen, dichten Sprache. Ein Buch, das zum Nachdenken anregt, mich aber etwas ratlos zurücklässt. „Ich weiß es nicht. Er ist so schwer, alles in Einklang zu bringen.“ Dies schreibt die Ich-Erzählerin (Zitat Pos. 3164) und so geht es auch mir mit diesem Buch.

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