Monschau

Buchseite und Rezensionen zu 'Monschau' von Steffen Kopetzky
2.5
2.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Monschau"

Im Jahr 1962, als das nukleare Wettrüsten seinen Höhepunkt erreicht, als in Algier und Paris Bomben explodieren, bricht im Wirtschaftswunder-Deutschland der junge Mediziner Nikolaos Spyridakis in die Eifel auf. Es ist eine heikle Mission: Im Kreis Monschau sind die Pocken ausgebrochen, hochansteckend und lebensgefährlich. Mitten im Karneval droht nun Stillstand, Quarantäne. Der Rither-Chef will die Fabrik um jeden Preis offen halten, keine zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist man weltweit gut im Geschäft. Ganz andere Pläne hegt Vera Rither: Die Alleinerbin studiert in Paris, bewundert Simone de Beauvoir und trägt den Geist der Avantgarde nach Monschau. Dort begegnet sie Nikolaos, der als Betriebsarzt durch die tiefverschneite Eifel zur Patientenvisite gefahren wird, vor Ansteckung geschützt durch einen Stahlarbeiteranzug. So unterschiedlich die beiden auch sind, der kretische Arzt, der als Kind die Gräuel der deutschen Besatzung miterlebt hat, und die schwerreiche Vollwaise: Sie entdecken schnell, dass sie mehr verbindet als ihre Liebe zu Miles Davis. Doch die Krankheitsfälle häufen sich, und das Virus nimmt sich, was es kriegen kann.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:352
Verlag:
EAN:9783737101127

Rezensionen zu "Monschau"

  1. 3
    01. Aug 2021 

    Der Ausbruch

    Im Jahr 1962 kann man so einiges von einer Geschäftsreise mitbringen, leider auch noch die Pocken. Und so passiert es einem Monteur der Monschauer Rither-Werke. Da er nur leicht erkrankt, wird er falsch diagnostiziert und geht bald wieder arbeiten. Als jedoch seine kleine Tochter schwerer erkrankt, wird ein Arzt aufmerksam und lässt sie nach Aachen in eine Klinik bringen, um sie zu isolieren. Dort jedoch weigert man sich, das Kind aufzunehmen und in Monschau muss eine provisorische Isolierstation aufgebaut werden. Aus Düsseldorf eilen Professor Stüttgen und sein junger Assistent herbei, die dafür sorgen sollen, Kranke in Quarantäne zu schicken und Ansteckungen zu verhindern.

    Ein historisches Ereignis wird hier romanhaft aufgearbeitet. Im Vergleich mit der heutigen Pandemie ist der Ausbruch der Pocken damals eher winzig. Die Reaktionen der Politiker, Industriellen, der Menschen, Mediziner und Kranken sind jedoch erschreckend ähnlich wie heute. Man darf sich also fragen, wie groß ein Lerneffekt ist. Eher klein, ist zu befürchten. So redeten die Politiker schon damals alles klein, die Fabrikanten wollten ihre Werke am Laufen halten, die Quarantäne war eher ungeliebt und die Monschauer im Umkreis unbeliebt und das im Karneval. Und doch bemüht sich das medizinische Personal mit Hilfe von Freiwilligen, die Ansteckungsgefahr zu gut wie möglich einzudämmen.

    Natürlich ist es gerade in der heutigen Pandemiezeit sehr interessant auf einen historisch belegten Krankheitsausbruch in einem beschaulichen Städtchen zu schauen. Spannend sind dabei auch Veröffentlichungen aus dem Internet, mit denen man einen Eindruck bekommt, wie genau der Autor recherchiert hat. Doch man bekommt das Gefühl, dass der Autor machmal etwas zu weit abschweift, mitunter anekdotisch oder auch zeitgeschichtlich, wodurch dann die eigentlichen Begebenheiten im Epilog abgehandelt werden. Auch wenn das Drumherum durchaus lesens- und wissenswert erscheint, hätte man gerne mehr über den Krankheitsausbruch und seine Auswirkungen auf die Monschauer gewusst. Auch wie die Ärzte ihre Aufgabe empfinden und wie sie mit ihren Patienten umgehen, hätte noch etwas eingehender geschildert werden können. Dennoch verarbeitet der Autor in seinem Roman ein spannendes Thema, das von Johann von Bülow sehr sympathisch vorgelesen wird.

    3,5 Sterne

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  1. Ärgerlich, unausgegoren und prätentiös

    Man stelle sich vor: Die Pocken grassieren im Kreis Monschau, in der beschaulichen Eifel. Das ist 1962 tatsächlich passiert, nicht im Mittelalter sondern 1962. Unglaublich.

    Damit beschäftigt sich dieses Buch, wird gelesen, gekauft und hoch gelobt. Ich habe keine Ahnung warum.
    Obwohl mich das Thema sehr interessiert und ich die Gegend gut genug kenne um zu wissen, dass mit „Lammerath“ Lammersdorf gemeint ist, fand ich das Buch eher ärgerlich.

    Erst einmal ist der Erzählstil gewöhnungsbedürftig. Er wechselt zwischen launiger Weitschweifigkeit mit solidem Altherrenhumor und referierenden Passagen im Nachrichtenstil. Natürlich transportiert es den Zeitgeist und ist authentisch, wenn sich jemand „ein Lungenbötchen reinpfeift“, nur ist die Zeit vorbei, wo man das lustig fand. Und hat sich wohl je eine junge Liebe so einen Dialog geliefert:

    "Wie hat sich Europa eigentlich auf dem Stier festgehalten?", flüsterte sie. "An den Hörnern, nehme ich an." "Und soll ich dich auch bei deinen Hörnern packen?" Willst du denn auf meinen Rücken steigen?" "Könntest du mich denn tragen?" "Wohin auch immer du willst. Auch ans Meer..."

    Hier ging der Versuch, sich in 60er Jahre Mentalität einzufühlen gründlich daneben. Natürlich rauchte da jeder, wo er ging und stand, aber die Sprache, die hier transportiert wird, scheint alten Fernsehserien entnommen zu sein, schlechten noch dazu.

    Eine Seuche und junge Liebe war dem Autor nicht genug. Er würzt das Ganze mit ordentlich Weltpolitik, verleiht den Protagonisten Familiengeschichten und Kriegshintergrund und verknüpft alles mit abenteuerlichen Wirren um die Führung einer Firma. Er erzählt ein bisschen von allem aber nichts richtig, was zwar gute Recherche dokumentiert aber nicht zwangläufig ein gutes Buch ausmacht.

    Ich bin sehr erstaunt über die vielen begeisterten Stimmen zu diesem Buch. Ich fand es ärgerlich, unausgegoren und prätentiös, mein erstes und mein letztes Buch dieses hochgelobten Autors.

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