Ich verliebe mich so leicht

Buchseite und Rezensionen zu 'Ich verliebe mich so leicht' von Hervé Le Tellier
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3 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Ich verliebe mich so leicht"

Wie in dem Bestseller Die Anomalie beginnt auch hier alles in einem Flugzeug. Ein bis über beide Ohren verliebter Mann sitzt im Flieger von Paris nach Schottland. Er reist einer Frau nach, um sie zu überraschen. Bald schon schwant ihm, dass dies nicht die beste seiner Ideen war. Denn sie hat ihn nicht eingeladen. Aber was soll er tun? Sein Verstand setzt aus, er weiß es ja selbst. In einem kleinstädtischen Hotel und in einem sinistren Café wartet er vergeblich auf sie. Könnte es sein, dass sie ihn überhaupt nicht sehen will? Schließlich kommt es zu einer schwer zu deutenden Begegnung in der Einsamkeit der Highlands. Was versteht er nicht? Was hat sie eigentlich vor? Er fühlt sich wie eins der vielen Schafe, die ihn anglotzen.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:128
EAN:9783498003128

Rezensionen zu "Ich verliebe mich so leicht"

  1. "Amouröser Schiffbruch" eines Midlife-Crisis-Helden

    Gleich vorneweg: im Unterschied zu meinen Vorrednern hat mir die Erzählung sehr gut gefallen!

    Da reist ein etwas ältlicher Mann, hormongebeutelt und liebesblind, von Paris ins schottische Hochland, um seine wesentlich jüngere Geliebte zu sehen. Nichts klappt, wie er es sich vorgestellt hat: das Flugzeug startet mit stundenlanger Verspätung, das Hotel taugt nicht für die erhofften Liebesnächte, und auch seine ziemlich aufdringlichen Bemühungen um Liebesfreuden laufen ins Leere. “Amouröser Schiffbruch“, stellt der Held selber fest.

    Und das alles erzählt Tellier in der wunderbar altmodischen Pose und mit dem Vokabular ("Held") eines auktorialen Erzählers. Immer wieder wendet er sich an seine Leser bzw. Hörer. So verzichtet er z. B. auf nähere Beschreibungen des schottischen Dorfes und der Heidelandschaft und fordert den Leser auf, sich selber im Internet zu informieren, wie es dort aussehe. Seinen namenlosen Helden begleitet der Erzähler aus ironischer Distanz und lässt seine Leser/Hörer an den bissigen und teils weinerlichen Reflexionen teilhaben. Ein Sympathieträger ist er nicht, dieser Held; das sieht auch der Erzähler so!
    Jedem seiner 12 Kapitel stellt er eine stichpunktartige Synopse voran, sodass der Leser inhaltlich quasi entlastet wird und sich auf die einfach herrlich witzige und spritzige Erzählkunst des Autors konzentrieren kann.
    Ein Vergnügen! Tellier erzählt scharfsinnig, oft unerwartet pointiert, humorvoll und vor allem eines: lebensklug.

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  1. Die Verweigerung von Liebe

    Er ist beinahe 50 Jahre alt. Mit der Mutter seiner Kinder ist er nicht zusammen. Aber eine junge Frau hat es ihm angetan. Nach einem gemeinsamen sexuellen Abenteuer möchte sie nichts mehr von ihm. Trotzdem reist er ihr hinterher…

    „Ich verliebe mich so leicht“ ist ein Kurzroman von Hervé Le Tellier.

    Meine Meinung:
    Der Roman besteht aus zwölf kurzen, teils sehr knappen Kapiteln mit stichwortartigen Zusammenfassungen zu Beginn. Sie werden von einer Art Prolog („Lange Vorrede“) eingeleitet. Die Handlung beschränkt sich auf kaum mehr als einen Tag. Erzählt wird im Präsens in chronologischer Reihenfolge.

    Der Schreibstil mit seinen süffisanten Bemerkungen und launigen Beschreibungen liest sich amüsant. Der Text verzichtet auf Namen, zeugt aber von sprachlicher Gewandtheit.

    Der Protagonist („unser Held“) ist eigentlich ein Antiheld. Mit einer gewissen Portion Schadenfreude habe ich sein Scheitern und seine Missgeschicke verfolgt. Allerdings ist sein Verhalten dazu geeignet, den Puls der Leserschaft in die Höhe zu treiben. Auch die Protagonistin ist keine Sympathieträgerin. Eine Entwicklung der Charaktere ist nicht erkennbar.

    Inhaltlich finde ich den Roman leider recht problematisch. Ein 49-jähriger Mann stellt einer 20 Jahre jüngeren Frau, die noch dazu vergeben ist, hinterher. Das ist nicht nur „Verrücktheit“, wie der Erzähler auf verharmlosende Weise behauptet, sondern übergriffig und mindestens eine Form von Belästigung und grenzt fast an Stalking. Dass der Mann kein Nein und keine Zurückweisung akzeptiert, wird nicht genügend kritisiert. Eine bedenkliche Botschaft. Um romantische, echte Liebe geht es zudem im Grunde nicht, allenfalls um Besessenheit. Die Gefühle haben sich mir darüber hinaus nicht erschlossen.

    Auf den nur wenig mehr als 100 luftig bedruckten Seiten kommt es zu mehreren Wiederholungen. Das macht einige Passagen langatmig.

    Der französische Originaltitel („Je m‘attache très facilement“) ist etwas treffender als die deutsche Entsprechung. Das Cover passt inhaltlich sehr gut.

    Mein Fazit:
    Mit „Ich verliebe mich so leicht“ hat mich Hervé Le Tellier auf inhaltlicher Ebene enttäuscht. Ein kurzer literarischen Snack, der meinen Hunger nach einer gehaltvollen Lektüre nicht stillen konnte. Ein Buch, das ich bedauerlicherweise nicht guten Gewissens empfehlen kann.

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  1. Eine nervige Mogelpackung

    2007 wurde die Erzählung (ist es überhaupt eine?) „Ich verliebe mich so leicht“ von Hervé de Tellier in Paris veröffentlicht. Da aber 2021, offenbar mit großem Erfolg, vom selben Autor „Die Anomalie“ hier in Deutschland erschien, dachten sich die Leute vom rowohlt Verlag sicher: Hier satteln wir auf und bringen die alte Kamelle neu raus. Als Roman. Ob sie sich damit einen Gefallen getan haben, steht auf einem anderen Blatt.

    Suhrkamp hat mal mit den Büchern der Autorin Elena Ferrante ein ähnliches Spiel gespielt. Die vierbändige Freundinnen-Saga war extrem erfolgreich und danach wurden dann die alten unbedeutenden Kamellen aufgewärmt.

    Diese trickreiche Mogelpackung, jedenfalls, mit extra dickem Papier, vielen leeren oder nur zum Bruchteil gefüllten Seiten und mit doppeltem Inhaltsverzeichnis hat mich sehr verärgert. Was soll so was?

    Ich dachte, ich bekäme einen Roman von diesem Autor, der 2020 mit dem bedeutenden Prix Goncourt ausgezeichnet wurde. Möglicherweise verdient für „Die Anomalie“, das Buch wartet noch auf mich auf dem SuB. Bekommen habe ich nun dieses unsägliche Machwerk, das mir überhaupt nicht gefallen hat.

    Denn: Es passiert eigentlich nichts in dieser Geschichte. Oder so gut wie nichts. Die Protagonisten haben nicht mal Namen, sie heißen: „Unser Held“ und „Die Heldin“. Was es mit dauernden Wiederholungen von „Unser Held tut dies und das“ und „Unsere Heldin erscheint oder auch nicht“ nicht besser macht. Ich wiederhole mich nun auch: Was soll so was?

    Der Held rennt der Heldin hinterher, nervt sie mit unzähligen Anrufen (er hängt an ihr fest, so eher der OT „Je m’attache très facilement“) und sie will eigentlich nichts – oder nichts mehr – von ihm wissen. Das ist alles. Hin und wieder wird dann noch ihr Fahrrad im Kofferraum seines Leihwagens verstaut, wobei er sich sein Hemd schmutzig macht. Boah ey.

    Fazit: Überflüssig ist fast noch geprahlt, das geht schon eher in den Negativbereich. Schade um die Zeit (zum Glück ging’s ja wenigstens schnell vorbei) – und wer’s gekauft hat, schade ums Geld. Bin sehr enttäuscht.

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