Goat Mountain: Roman (suhrkamp taschenbuch)

Buchseite und Rezensionen zu 'Goat Mountain: Roman (suhrkamp taschenbuch)' von David Vann
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2 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Goat Mountain: Roman (suhrkamp taschenbuch)"

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:270
EAN:9783518466469

Rezensionen zu "Goat Mountain: Roman (suhrkamp taschenbuch)"

  1. 2
    23. Jan 2022 

    Eine Beschreibung männlicher Gewalt

    Der Inhalt dieses Buches ist schnell erzählt. Ein Ich-Erzähler erinnert sich aus seinem Erwachsenenleben heraus an vier Tage Jagdausflug im Alter von 11 Jahren mit seinem Vater, Großvater und einem Freund der Familie. Die Mutter ist kurz nach der Geburt abgehauen, eine Großmutter scheint es auch nicht mehr zu geben. Hier existieren nur Männer unter sich. Und das mit vielen Aggressionen und Gewalt untereinander. Aus der Widmung zu Beginn des Romans und der Danksagung lässt sich schließen, dass der Autor hier zwar nicht autobiografisch berichtet, aber doch viele Eindrücke aus seiner Familie hat einfließen lassen. Der Autor hat Cherokee-Vorfahren, die jedes Jahr auf ihrem Land bei Goat Mountain in Kalifornien zur Jagd gingen.

    Aus dem reinen Romantext geht dann jedoch kaum mehr eine Verbindung zu den Cherokee hervor. Es wird nur einmal benannt, dass schon alle Generationen vor dem Jungen auf diesem Land jagten und es im Alter von 11 Jahren nun seine Initiation werden soll, bei welcher er erstmalig selbst ein Tier töten darf. Doch schon zu Beginn zeigt sich eine scheinbar soziopathische Ader im Jungen, denn dieser erschießt kurzerhand auf Entfernung einen Mann, der auf dem Land der Familie wildert. Reue zeigt er nicht, vielmehr Freude an der Erfahrung des Tötens. Und diese Gewalttätigkeit scheint nicht von irgendwo herzukommen, sondern tief in der Familie zwischen den Männern verankert zu sein.

    Über den sich in die Länge streckenden Text hinweg ziehen sich nun Bibelverweise, die die geerbte und unausweichliche Gewalttätigkeit des Menschen/Mannes belegen sollen. Daneben quatscht der Großvater wirres philosophisches Zeug zwischenrein. Es wird sich durch die Wildnis gekämpft und einfach weiter zur Jagd gegangen, obwohl man eine Leiche (den Wilderer) im eigenen Camp wie ein Stück Wild aufgehängt hat, es wird sich geprügelt, gewürgt, zurückgelassen, aufeinander geschossen. Gedankengänge der Natives finden sich nicht im Roman. Ein Widerspruch zu den Bibelpassagen, da zumindest der Großvater (der Roman spielt in den 1970ern) noch anders aufgewachsen sein sollte. Dieser fehlende oder ausgeblendete Aspekt stößt mir neben dem Gewaltexzess besonders komisch auf. Auch an die Schreibe muss man sich erst einmal gewöhnen. Sehr reduziert bestehen manche Sätze eigentlich nur aus Stichpunkten, ganz ohne Prädikat. Man kann sich durchaus daran gewöhnen, aber ohne daraus ein besonders interessantes Lektüreerlebnis zu machen.

    So bleiben ohne sprachliche Raffinessen nur die Fragezeichen im Kopf zurück nachdem das Buch beendet ist. Warum habe ich diese vier Tage miterleben müssen? Was für ein Mensch aus dem Kind geworden ist, geht aus dessen Schilderungen nicht hervor. Psychologische Tiefe gibt es meines Erachtens nicht ausreichend. Man erfährt höchstens zu was (aber nicht warum) der Mensch fähig ist. Dadurch verliert das Buch für mich an inhaltlicher Relevanz. Schade, da hätte es mehr Potenzial gegeben.

    So kann ich nur mit einem Zitat aus dem Roman enden, welches vielleicht schon heraufbeschwört, dass es in dieser Geschichte keine abschließende, klare Moral zu finden gibt: „Wir fuhren aus dem Sumpf heraus, in Geldkiefern hinein, wo Tom einmal einen Spießer verwundet hatte, eine Geschichte, an die wir uns beim Vorbeifahren alle erinnerten, eine Geschichte, wie üblich, mit einer Moral, allerdings einer unklaren.“

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