Genug: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Genug: Roman' von  Louise Juhl Dalsgaard
5
5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Genug: Roman"

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:192
Verlag:
EAN:9783711721051

Rezensionen zu "Genug: Roman"

  1. Genug

    Nach ihrem Schulabschluss nimmt sich die junge Frau, aus deren Sicht der Roman geschrieben ist, ein Ziel vor: Sie will abnehmen. Zu Beginn wiegt sie ca. 72kg, doch in nicht einmal einem Jahr nimmt sie etwa 40kg ab und ist damit stark untergewichtig. Längst steht für sie nicht mehr wie anfangs noch die Gesundheit im Vordergrund, vielmehr ist ihr ständiger Wunsch, Gewicht zu verlieren, zu einer Krankheit geworden, die sie nicht mehr loslässt.

    Selten habe ich ein Buch gelesen, das dieses Thema so eindrücklich dargestellt hat. Allein durch die Erzählweise, die sich vor allem von den kurzen Kapiteln in sehr ansprechender Sprache auszeichnet, fühlt man sich der Protagonistin bereits nahe und verfolgt mit Schrecken ihre Geschichte. Die vielen Rückblenden in ihre Kidheit und Jugend komplettieren das Bild einer jungen Frau, die sich innerlich leer fühlt, der irgendetwas fehlt, was sie einfach nicht finden kann und das sie letztendlich zu solcher Verzweiflung treibt, dass ihr Körper kurz vor dem Aufgeben ist. Immer wieder gibt es Einschübe in Form von Berichten, in denen sich die Sozialarbeiterin oder die Ärzte der namenlosen, jungen Frau zu Wort melden. Sie betonen die innere Zerissenheit der Protagonistin, die teils den starken Wunsch nach Veränderung zeigt und unbedingt am Leben bleiben will, dann jedoch wieder sämtliche Behandlungsmethoden vehement ablehnt.

    Ein erschreckendes, jedoch sehr authentisches und eindringliches Buch, das mich sehr gepackt und von Anfang bis Ende überzeugt hat.

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  1. Das da und das da!

    In dem Sommer, in dem sie ihren Schulabschluss hat, beschließt sie: „Ab heute will ich gesund leben, Sport treiben und abnehmen.“ Sie hat Pläne, die sich durchaus vernünftig anhören. Sie will studieren, will klug sein, mit Verstand und dem Herzen. Neun Monate später ist ihr das Leben entglitten, leidet unter Essstörungen, wiegt unter 4o Kilogramm.

    Es ist eine Geschichte einer obsessiven Sucht, die Louise Juhl Dalsgaard hier erzählt. Ist es ihre eigene, oder nur sehr scharf beobachtet, einerlei. Die dänische Schriftstellerin legt hier mit ihrem 2017 erschienen Debüt „Genug“ das Porträt einer jungen Frau an, das besonders ist in Sprache, Form und Inhalt. Es sind Erinnerungen, Gedankensplitter der jungen Frau zu ihrer Kindheit, ihrem Erwachsenwerden, ihrem Leben mit der Krankheit, dem Verhältnis zu Mutter und Vater, den toxischen Beziehungen zu Männern. Unterbrochen werden diese oft nur wenige Zeilen langen Segmente von Therapieberichten behandelnder Ärzte, Therapeuten und Sozialarbeiter, die dem ganzen einen höchst authentischen Anstrich geben.

    Schon als Kind verspürt die Protagonistin eine seltsame Distanz zu ihrem Körper.

    „In einem Sommer taufe ich meine Knie. Das da und das da, nenne ich sie…Viele Jahre lang sind meine Knie das Einzige, was mich mit mir verbindet.“

    Das da und das da!

    Schon immer wich die Mutter Gesprächen aus, trägt viel Ungesagtes mit sich herum, wie eine russische Puppe, gefüllt mit sich, gefüllt mit sich und ganz tief drinnen die Tochter wie eine Puppe. Der Vater beginnt gleich gar keine zu führen. Verständnislos und hilflos sind die Eltern mit der Situation. Sie sind wie Außenstehende. Wie also sollten sie klar kommen mit der Krankheit der Tochter, wenn diese selbst keinen Grund nennen kann oder mag.

    „Mein Gehirn möchte gesund sein, mein Körper beharrt darauf, dass ich es nicht wert bin.“

    Ihr Bruder ist eine Stütze, weil er unverblümt und geradeheraus ist. Mit ihm schließt sie – initiiert von ihrem Sozialarbeiter - einen Vertrag, nicht aufzugeben.
    Handschriftlich steht dazu nach den Unterschriften: Kämpfe, Louise – Am Ende wartet das Leben

    „Fast jeden Tag spaziere ich runter zum See. Da stehe ich dann und rufe: Dass ich MEHR haben will, obwohl ich mehr als GENUG habe.“

    Dieses Buch ist einschneidend, berührend. Ein Aufschrei, aber auch ein Zeugnis von Stärke. Besonders und beeindruckend.

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