Eingeäschert

Buchseite und Rezensionen zu 'Eingeäschert' von Doug Johnstone
3.65
3.7 von 5 (9 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Eingeäschert"

Drei Generationen von Frauen übernehmen das Familienunternehmen der Skelfs in Edinburgh. Ein Bestattungsinstitut mit angeschlossener Privatdetektei. Die Leiche des ehemaligen Familienoberhaupts äschern sie auf seinen Wunsch hin illegal in ihrem Garten ein. Bald darauf entdecken seine Frau Dorothy, seine Tochter Jenny und seine Enkelin Hannah mysteriöse Zahlungen an eine andere Frau, die darauf hindeuten, dass Jim nicht der Ehemann war, für den sie ihn gehalten haben. Damit nicht genug, verschwindet eine Freundin der Enkelin spurlos von der Universität. Die Polizei ist nicht an Ermittlungen interessiert, also beschließt Hannah, das selbst in die Hand zu nehmen, um festzustellen, dass sie ihre beste Freundin eigentlich gar nicht kannte. Jenny, die Tochter und Journalistin, vervollständigt das Chaos, als sie bei einer Totenwache einen Fall übernimmt. Ein Ehebruch, aber wie bei allem anderen trügt auch hier der Schein. „Eingeäschert“ ist ein fesselnder, schockierender Thriller sowie ein düster-komisches und warmherziges Porträt einer Familie in Aufruhr. 7

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:380
Verlag: Polar Verlag
EAN:9783948392420

Rezensionen zu "Eingeäschert"

  1. 4
    04. Mär 2022 

    Weckt leider falsche Erwartungen!

    Erwartet man bei der Lektüre von ,,Eingeäschert“ einen ,,fesselnden, schockierenden Thriller“ wie vom Verlag angekündigt, wir man wohl ziemlich bald enttäuscht sein. Dafür fehlt eindeutig die Spannung, dafür ist der Roman viel zu ausschweifend erzählt. Doch gerade diese Ausschweifungen machen den Roman zu einer unterhaltsamen und lohnenden Lektüre.
    Nach dem Tod des Bestattungsunternehmers Jim Skelf übernehmen seine Frau Dorothy, seine Tochter Jenny und seine Enkelin Hannah das Familienunternehmen in Edinburgh. Angeschlossen an das Bestattungsunternehmen ist eine Privatdetektei, was eine eigenwillige, aber offenbar lohnende Kombination ist. Als Dorothy beim Ordnen des Nachlasses mysteriöse Zahlungen an eine andere Frau entdeckt, mischt sich in ihre Trauer um den verlorenen Ehemann und Partner auch die Wut, dass er sie womöglich über Jahre betrogen hat. Als eine Freundin von Hannah spurlos verschwindet, die Polizei aber nichts unternehmen will, macht sich Hannah selbst an die Ermittlungen. Dabei erkennt sie, dass sie einige Seiten ihrer Freundin und Mitbewohnerin überhaupt nicht kannte. Auch Jenny übernimmt einen Fall. Eine Frau verdächtigt ihren Mann des Ehebruchs. Für Jenny, die selbst von ihrem Exmann betrogen und verlassen wurde, reißt der Fall alte Wunden auf.
    So ist ,,Eingeäschert“ eher eine Art Familienporträt, eine Geschichte dreier Generationen von Frauen, die alle ihr eigenes Leben leben, durch das Familienunternehmen aber eng miteinander verbunden sind. Erzählt wird abwechselnd aus der Perspektive der drei Frauen, wobei deren Gefühle, Gedanken und Erinnerungen breiten Raum einnehmen. Für mich war Dorothy die interessanteste und überraschendste Figur, da sie als Älteste am unkonventionellsten handelte. Hannah, die Enkelin, fand ich stellenweise sehr aggressiv und unüberlegt, was ihr Vorgehen bei ihren Ermittlungen nicht immer verständlich gemacht hat.
    Trotz eher dilettantischem und unprofessionellem Vorgehen werden am Ende alle Fälle von den drei Frauen gelöst, allerdings steht diese Krimi-Handlung für mich nicht so sehr im Vordergrund. Der Roman unterhält eher durch so manch skurrile Situation und die mäandrierende Erzählweise, auf die man durch die Verlagsankündigung allerdings schlecht vorbereitet ist.

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  1. Weiterleben

    Das Familienoberhaupt der Skelfs und Chef eines Bestattungsinstituts mit angeschlossener Privatdetektei ist verstorben. Den Hinterbliebenen, das sind seine Frau Dorothy, Tochter Jenny und Enkelin Hannah, bleibt kaum Zeit für die Trauer, denn das Leben geht weiter und es passieren Dinge, die einer Klärung bedürfen. Jim Skelf scheint nicht der Mann gewesen zu sein, für den ihn alle gehalten haben, denn in den Unterlagen tauchen regelmäßige mysteriöse Zahlungen an eine Frau auf. Dann verschwindet auch noch Hannahs Freundin spurlos, was die Polizei nicht sonderlich interessiert. Also müssen die Frauen den Dingen selbst auf den Grund gehen.
    Dieses Buch ist ein ganz besonderer Krimi, gleichzeitig düster und humorvoll. Es geht schon damit los, dass die Leiche des lieben Verstorbenen im Garten eingeäschert wird, während die Frauen darum herumstehen und zusehen. Es scheint ihnen nicht einmal so ungewöhnlich. Vielleicht geht man anders mit dem Tod um, wenn tagaus, tagein mit dem Tod zu tun hat. Trotzdem trauern sie, jede auf ihre spezielle Weise.
    Dorothy will die Geheimnisse ihres Mannes herausfinden, der ihr plötzlich wie ein Fremder vorkommt. Jenny wollte eigentlich immer nur leben und nichts mit dem Tod zu tun haben, doch die Umstände bringen sie wieder zurück dorthin, von wo sie geflohen ist. Sie trägt einige Probleme mit sich herum. Bei einer Totenwache übernimmt sie einen Fall, bei dem alles anders ist als es scheint. Hannah muss feststellen, dass sie ihre beste Freundin überhaupt nicht kannte.
    Während die Frauen sich um die Geschäfte kümmern, ist tief in ihnen Trauer und Schmerz.
    Da alle drei Frauen zu Wort kommen, ist man nahe an ihnen dran und kann ihre Gefühle nachempfinden. Sie machen sich alle mit viel Engagement und mit wenig Professionalität an ihre Ermittlungen und verlieren dabei manchmal die notwendige Distanz. Wie schon bemerkt, konnte ich ihre Gefühle nachempfingen, ihre Handlungen nachvollziehen konnte ich eher nicht.
    Es ist eine skurrile Geschichte, die so dahinplätschert und nicht unbedingt spannend ist, dafür aber immer mal wieder mit Überraschungen aufwartet. Hat mich nicht ganz überzeugt.

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  1. Freue mich auf eine Fortsetzung

    Jim Skelf ist tot, er wird von seiner Familie und den engsten Bediensteten auf einen Scheiterhaufen im Garten verbrannt. Jim war das Oberhaupt eines Bestattungsunternehmens, dass er gemeinsam mit seiner Frau Dorothy betrieben hat. Er selbst hat außerdem nebenher eine Detektei geführt.
    Für die gemeinsame Tochter Jenny, die gerade ihren Job verloren hat, und auch ihre Wohnung verlieren wird, ist klar, dass sie nun ihre Mutter im Familienbetrieb unterstützen muss. Ebenso wie ihre Tochter Hannah, die neben des Studiums aushelfen wird, zumal ihre Freundin Mel verschwunden ist, und die Polizei erstmal nicht viel unternimmt.
    Auch Dorothy stößt auf Ungereimtheiten in der Buchführung. Jim hat der Frau eines verschwundenen Mitarbeiters monatlich Geld gezahlt. Doch warum sollte er dies tun? Hatte er eine Affäre mit dieser Frau, ist das Kind gar von ihm? Eigentlich sollte die Trauer vorrangig sein, doch diese Ereignisse machen es den Skelf Frauen schwer sich der Trauer zu widmen.

    Dieses Buch vereint mehrere Aspekte. Es bringt dem Leser die Arbeit eines Bestatter näher. Es zeigt aber auch wie diese drei unterschiedlichen Frauen durchs Leben gehen und wie sie den Tod des Familienmitgliedes verarbeiten. Außerdem gibt es da noch die Ermittlungen zu Mels verschwinden, Jims Geheimnis, und auch Jenny ist an einem interessanten Fall dran.
    Auch der alte Herr Glasmann sucht Hilfe durch die Detektei, er lebt allein und meint bestohlen zu werden. Heikel an der Sache ist, dass einige gestohlen geglaubten Gegenstände plötzlich wieder auftauchen. Dorothy nimmt den alten Mann allerdings Ernst und ermittelt konsequent.
    Jenny fällt die Arbeit im Betrieb erstmal nicht leicht, nie wollte sie viel mit den Toten zutun haben, und Detektivarbeit ist anstrengender als gedacht. Da ist es nicht von Vorteil, dass ihr Ex-Mann ihr Leben seit kurzem auch noch auf den Kopf stellt.

    Das Buch besticht definitiv nicht durch extremen Nervenkitzel, dennoch habe ich die Handlungsstränge alle mit großem Interesse verfolgt. Die drei Frauen, drei Generationen, müssen alleine klar kommen, und das meistern sie sehr gut.
    Die Kombination Detektei und Bestattungsunternehmen ist zwar auf den ersten Blick ein wenig skurril, aber das Konzept ging auf. Sogar eine Fortsetzung ist geplant, die sicher vielversprechend ist. Mir hat der Krimi sehr gut gefallen und ich freue mich darauf die Skelf- Frauen bald wieder begleiten zu dürfen!

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  1. Eine Fortsetzung wäre toll

    Nach dem Tod des Familienoberhauptes Jim wird das Familienunternehmen der Skelfs von den drei Frauen, die drei Generationen angehören, übernommen. Neben dem Bestattungsinstitut gibt es noch eine Privatdetektei. Jims Frau Dorothy, die Tochter Jenny und die Enkelin Hannah entdecken kurz nach seinem Tod unerklärliche, regelmäßige Zahlungen an eine andere Frau. Doch das ist nicht der einzige Fall, um den sie sich kümmern müssen. Sie sollen einen Mann des Ehebruchs überführen, und zusätzlich ist noch die Freundin von Hannah spurlos verschwunden.

    Die Beschreibung dieses Kriminalromans hat mich sehr angesprochen. Zudem kannte ich noch kein Buch des Autors. Ich war also sehr gespannt auf dieses Buch.
    Der Einstieg ist mir leider nicht so gut gelungen. Ich kam zu Beginn mit den Protagonisten etwas durcheinander, ich konnte sie gedanklich nicht ihrer Generation zuordnen. Deshalb habe ich das Buch einfach nochmal begonnen und dann konnte ich gut folgen.
    Der Schreibstil ließ sich schnell und flüssig lesen. Ich konnte mir sowohl die Personen als auch die Szenen und Umgebungen gut vorstellen. Bereits zu Beginn gab es eine skurrile Szenen, denn Jim Skelf wollte illegal im eigenen Garten eingeäschert werden. Bei der Vorstellung musste ich schon sehr grinsen.
    Die Charaktere wurden sehr gut gezeichnet. Alle drei Frauen hatten ihre speziellen Eigenschaften und ich fand sie alle drei sehr sympathisch. Ich konnte mich in sie hineindenken und mit ihnen mitfühlen.
    Die Story hat mir sehr gut gefallen, besonders die Idee, ein Bestattungsinstitut mit einer Privatdetektei zu verbinden. Sehr originell. Die Fälle waren interessant durchdacht und nicht gleich durchschaubar. Ich konnte insofern selbst überlegen, was wohl dahinterstecken mag und was sich noch so ergeben wird. Die Spannung war eher gemäßigt, passte für mich aber zu dem Buch.
    Das Ende samt Auflösungen gefiel mir sehr gut und ich hoffe auf eine Fortsetzung mit den drei Skelf-Frauen. Ich würde sie sehr gerne wiedertreffen und neue Fälle mit ihnen erleben.

    Ein unterhaltsamer Krimi, der von mir 4 von 5 Sternen erhält.

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  1. Dunkle Angelegenheiten?

    Jim Skelf hat das Zeitliche gesegnet. Zu seinen Lebzeiten betrieb er ein Bestattungsunternehmen und gleichzeitig ein Detektivbüro. Sein letzter Wunsch war, eingeäschert zu werden. Aber nicht offiziell im Krematorium, sondern ganz privat (und illegal) im eigenen Garten. Seine Hinterbliebenen, das sind seine Witwe Dorothy, seine Tochter Jenny und seine Enkeltochter Hannah. Die drei Frauen übernehmen nun die Geschäfte. Während Dorothy nun mit den langjährigen Gehilfen Archie weiterhin das Beerdigungsinstitut am Laufen hält, widmen sich Jenny und Hannah nicht der Detektei. Hannahs Freundin und Studienkollegin wird vermisst, ein angeblich untreuer Ehemann soll beschattet werden und im Haus eines alten Mannes verschwinden Gegenstände auf unerklärliche Weise. Die Skelf Frauen ermitteln….

    Eingeäschert, neuestes Buch des schottischen Schriftstellers Doug Johnstone ist ein (ja was ist es eigentlich für ein) Roman. Krimi, Familiengeschichte? Im Nachwort spricht Anthony J. Quinn über den Tartan Noir, dessen Wurzeln im Gothic Novel, über dunkle innere und äußere Landschaften und unterschätzte Helden.

    Aufmachung, Verlag und der Originaltitel „Dark Matters“ des Buchs lassen nun auf dunkle Angelegenheiten hoffen. Jims Beerdigung ist zunächst das einzig bizarre an der Geschichte und ist gleich zu Beginn des Buches abgehandelt. Skurril ist natürlich die Kombination ein Bestattungsunternehmen und ein Detektivbüro gleichzeitig zu führen. Während die einen eingraben, graben die anderen aus, quasi.

    Erzählt wird die Geschichte abwechselnd aus Dorothys, Jennys oder Hannahs Sicht. Drei Generationen von Frauen. Dorothy mag zwar alt sein, wirkt aber sehr progressiv. Ihre Trauer um den langjährigen Lebenspartner fühlt sich beim Lesen richtig an. Jenny wiederum ist nicht mit sich und der Welt im Reinen, ihre Ehe vor Jahren gescheitert, den Job und die Wohnung verloren, so zieht sie als Privatermittlerin mit einem heiligen Zorn gegen (untreue) Männer und andere Windmühlen. Hannah macht sich ehrliche Sorgen um ihre Freundin und erkennt, dass vieles nicht so ist, wie es scheint.

    Wir sehen drei Frauen, unterschiedlichen Alters, die schlagzeugspielende Oma, die Mittvierzigerin, die sich nicht mehr attraktiv fühlt, die queere Studentin. Sie sind echauffiert, übermotiviert, dilettantisch, in ihren Rundumschlägen distanzlos und übergriffig. Vor allem Jenny, die mir vom Alter und der Lebensgeschichte am nächsten stehen müsste, ist mir zu fremd in ihrer Verhaltensweise.

    Wo sind denn nun die dunklen Angelegenheiten? Man muss schon tief graben (oder lang lesen) bis es dunkel wird, vorher sind es eben nur Angelegenheiten.

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  1. Ein Netzwerk von Frauen

    Es riecht nach Gegrilltem im Garten der Skelfs ... Was dort geschieht - im ersten Kapitel des Romans "Eingeäschert" - klingt ordentlich schockierend: Der verstorbene Jim Skelf, Bestattungsunternehmer und Inhaber einer Detektei (er betrieb tatsächlich beide Firmen nebeneinander im Haus der Familie), will entgegen allen Regeln seines Berufs in seinem Garten auf einem improvisierten Grillrost verbrannt werden. Die Hinterbliebenen tun ihm den Willen; Archie, das Faktotum des Bestattungsunternehmens, geht dabei zur Hand. Am Ende werden Asche und Knochenreste, wie üblich, in einem Behälter gesammelt ...

    Vier Hauptpersonen hat der Roman: Jims Witwe Dorothy, die sich bisher kaum um die beiden Betriebe gekümmert hat, sie aber nun weiterführen will. Ihre Tochter Jenny, geschieden und selbst Mutter; bisher als Journalistin tätig. Deren Tochter Hannah, Physikstudentin. Und die Stadt Edinburgh, die malerische Kulisse des ganzen Romans, die der Autor nebenher - mit ihrer Urbanität und ihrer Bigotterie - mit vorstellt. Die drei Frauen, jede mit ihrer Trauer und persönlichen Konflikten beschäftigt, haben jede ihr eigenes Rätsel zu lösen. Dorothy stellt bei der Durchsicht der Akten fest, dass ihr verstorbener Ehemann seit Jahren regelmäßig einer anderen Frau Geld schickt - einer Frau, deren Ehemann Angestellter des Bestattungsunternehmens war und anscheinend spurlos verschwand. Jenny, die gerade ihren Job als Zeitungsjournalistin verloren hat, nimmt für die Familiendetektei einen merkwürdigen Auftrag an. Und Hannah, die Studentin, ist tief beunruhigt über das plötzliche Verschwinden ihrer Freundin und Kommilitonin Melanie. Die Polizei will ihr nicht helfen - also macht sie sich selbst auf die Suche.

    Ihre Ermittlungen führen die drei Frauen kreuz und quer durch die Stadt, und der Autor nützt jede Gelegenheit, uns die Edinburgher Straßen, Grünanlagen und Pubs sehr bildhaft vorzustellen. (Wer möchte, kann viele Standorte der Handlung auf GoogleMaps wiederfinden.) Man unterstützt einander - "ein stabiles Netzwerk von Frauen", wie es an einer Stelle heißt. "Eingeäschert" - bei dem deutschen Titel kam mir spontan das redensartliche Verb "sich abäschern" in den Sinn, was soviel wie "bis zur Erschöpfung abhetzen" bedeutet. Die Frauen engagieren sich mit aller Macht für ihre Anliegen, und wenn sie sich hin und wieder nicht ganz logisch oder unangemessen verhalten, kann man das wohlwollend ihrer wachsenden Aufregung zurechnen.
    Mehr und mehr Puzzleteile kommen auf dem Tisch; eine Fülle von Namen und Einzelheiten wird ausgebreitet. Es ist erstaunlich und bewundernswert, wie der Autor die verschiedenen Ermittlungen der drei Frauen stets straff in der Hand behält; wie er mit Tiefe und einer ungemein anziehenden, liebevollen Zugewandtheit erzählt, so dass die Leserin an keiner Stelle den Faden verliert, obwohl hier vieles relativ unverbunden nebeneinander herläuft. Hier knüpft aber auch gleich ein Kritikpunkt an: ein Kriminalroman, wie es auf dem Titel heißt, ist das wirklich nicht. Dafür gibt es am Ende doch zu viel, was nicht so richtig organisch zusammenwächst, jedenfalls nicht im Sinne einer kriminalistischen Aufklärung. Ich habe das Buch als Familiendrama über drei Generationen gelesen und als solches hat es mir viel Freude gemacht.

    Falsche Erwartungen weckt allerdings nicht nur die Einordnung als Kriminalroman, sondern auch die Eingangsszene. Wie uns das Nachwort wissen lässt, sieht der Autor sein Buch im Genre des sog. "tartan noir" - einem Krimigenre, das seine Wurzeln in der gothic novel, vermutlich bei Stevenson und Sir Walter Scott, haben soll. Das klingt verlockend, wird dann aber (fast) nur in dieser einen Eingangsszene eingelöst. Es gibt einige schaurige Geheimnisse, aber im wesentlichen ist das weit eher ein Buch, in dem es einfach "menschelt" - ein alter Mann, der seiner Pflegerin misstraut; das Alphamännchen-Gehabe junger Studenten; Eifersucht, Ehrpussligkeit und - immer wieder - latente oder ganz offene Frauenfeindlichkeit, das sind die Dinge, um die es geht. Für einige wenige Ausflüge in die Geheimnisse der Bestattungsbranche sollte man nicht allzu empfindlich sein - manchmal geht es eben auch um "dark matters" (Originaltitel).

    4 Punkte (der Punktabzug erfolgte wegen der m.E. falsche Erwartungen weckenden Genrezuordnung) und Leseempfehlung. Ich hoffe, wir dürfen uns auf eine Fortsetzung über die drei Skelf-Frauen freuen!

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  1. Gelungener Serienauftakt

    „Ihr Vater benötigte viel länger als erwartet, um zu verbrennen.“ (Erster Satz)

    Jim Skelf ist völlig überraschend gestorben. Er hinterlässt nicht nur drei trauernde angehörige Frauen, sondern auch ein Bestattungsinstitut mit angeschlossener Detektei. Gemäß seinem letzten Willen wünschte er sich, im Garten des Hauses verbrannt zu werden – ein durchaus skurriler Einstieg in den Roman. Seine Frau Dorothy hat bislang zwar in den Unternehmen mitgearbeitet, die alleinige Verantwortung fällt ihr jedoch auch aufgrund der traurigen Umstände schwer. Da trifft es sich gut, dass Tochter Jenny gerade ihren Job verloren hat. Sie kündigt ihre Wohnung und zieht wieder im Elternhaus ein – eine Entscheidung, die natürlich nicht vollkommen konfliktfrei bleibt. Die dritte Hinterbliebene ist Studentin Hannah, Jennys Tochter aus ihrer gescheiterten Ehe mit Craig.

    Es bleibt wenig Zeit, zu trauern und sich in die neue Situation einzuleben, die Geschäfte mit dem Tod dulden keinen Aufschub. Dorothy arbeitet sich durch die Papiere ihres verstorbenen Gatten. Dabei stellt sie fest, dass er bereits seit zehn Jahren monatliche Geldbeträge an die Frau des ehemaligen, verschollenen Angestellten Simon überweist, die eine zehnjährige Tochter hat. Was steckt dahinter? Welche Geheimnisse hatte Jim vor ihr?

    Ein weiterer Handlungsstrang führt uns in die Gefilde der Universität: Hannahs Mitbewohnerin Mel wird vermisst. Sie ist entgegen ihrer Gewohnheiten ohne Nachricht und Handy verschwunden. Die Polizei nimmt den Fall nicht ernst, weil junge Frauen zu oft mal eine Auszeit nehmen. Hannahs Recherchen deuten allerdings schnell darauf hin, dass sich Mels Fall nicht so einfach darstellt und durchaus ein Gewaltverbrechen vorliegen könnte.

    Diese beiden Hauptfälle werden von einigen unterhaltsam zu lesenden Nebenepisoden flankiert. Da ist der pflegebedürftige Senior, der seine Betreuerin des Diebstahls bezichtigt, oder die unsympathische Ehefrau, die ihrem Mann einen handfesten Ehebruch nachweisen lassen will. Nebenbei sind verschiedene Leichen herzurichten und zu beerdigen, was insbesondere Dorothy an ihre Grenzen führt. Zum Glück hat das Bestattungsunternehmen zwei weitere Mitarbeiter, als Leser gewinnt man ein höchst authentisch wirkende Erkenntnisse über die Tätigkeiten und das Umfeld dieses Berufszweiges.

    Der Roman wird wechselweise aus den Perspektiven der drei Protagonistinnen erzählt, deren Privatleben nicht ausgespart wird. Insbesondere Jenny hadert mit ihrem Alter, sie fühlt sich unattraktiv und verblüht, leidet noch immer unter der Jahre zurückliegenden Trennung von Craig, der sie seinerzeit betrog und mittlerweile eine neue Familie gegründet hat. Johnstone nimmt dabei überraschend feministische Sichtweisen ein. Die Männerwelt kommt im gesamten Roman nicht allzu gut weg, alle Frauen hadern mit ihrer männlichen Spezies, die sich durch sexistische Aussprüche und Verhaltensweisen hervortut. Es wundert daher nicht, dass Hannah als homosexuell beschrieben wird und mit einer Frau liiert ist. Mir als Frau jenseits der Lebensmitte ging dieser modern-feministische Ansatz in Teilen zu weit, wirkte zu gewollt.

    Wunderbar beschrieben und als großes Plus betrachte ich die Beschreibungen der Straßen, Gebäude und Schauplätze von Edinburgh, die es überwiegend in der Realität gibt und die man bei Google nachrecherchieren kann. Man bekommt unbedingt Lust, diese Stadt mit ihren historisch verwunschenen Gebäuden zu erkunden und spürt den engen Bezug, den der Autor zu seiner Heimat haben muss. Insofern strahlt der Roman sehr viel Atmosphäre aus. Er lebt durch die unterschiedlichen Frauenfiguren, die sich unbedarft in eine neue Rolle einfinden müssen. Sie machen das zweifellos glaubwürdig und gut, wirken aber teilweise zu ungestüm, effektheischend und übermotiviert, wenn sie Vorverurteilungen aussprechen, sexuell übergriffig werden, Räume stürmen oder sich vermeintlicher Gefahren nicht bewusst sind. Man hat es in diesem Kriminalroman eben noch nicht mit ausgesuchten Profis der Detektivbranche zu tun, was aber auch seine Reize hat.

    Über weite Strecken plätschert das Geschehen vor sich hin, ohne langweilig zu sein. Zu gut beschrieben sind die einzelnen Szenen, die teilweise auch skurril-humorvoll gehalten sind. Es gibt manch kuriose Wendung zu bestaunen. Man kann sich die Figuren wunderbar vorstellen. Die verschiedenen Fälle finden eine lockere Verzahnung und die Auflösung erfolgt spannend mit höchst turbulentem Showdown am Ende. Der Roman richtet sich an Leser, die nicht auf einen spannungsgeladenen Plot angewiesen sind, sondern das Drumherum an Figuren, Befindlichkeiten und Schauplätzen zu schätzen wissen. Das Frauentrio hat sich in diesem ersten Band der geplanten Krimireihe etwas warmlaufen können, im nächsten Band freue ich mich auf etwas mehr Professionalität. Lese-Empfehlung!

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  1. 3
    29. Jan 2022 

    Besonders, aber mit Schwächen

    Der Polar Verlags ist ein Verlag, der sich als Herausgeber besonderer und ungewöhnlicher Kriminalromane einen Namen gemacht hat. Wer also fernab vom Mainstream Krimis lesen möchte, ist hier bestens aufgehoben. Der Roman „Eingeäschert“ des schottischen Autors Doug Johnstone ist solch ein Krimi, der besonders ist, doch leider auch Schwächen aufweist.

    Die Story von „Eingeäschert“ verspricht zunächst skurriles Krimivergnügen. In Edinburgh betreibt die Familie Skelf ein Bestattungsunternehmen, kombiniert mit einem Detektivbüro. Der Roman beginnt mit einer Beisetzung: Jim, das Familienoberhaupt und Chef der Firma ist gerade gestorben und hinterlässt drei Frauen aus drei Generationen:
    Ehefrau Dorothy, Anfang 70, die bisher im Betrieb mitgeholfen hat
    Tochter Jenny, in den 50ern, geschieden
    und Enkelin Hannah, in den 20ern und Studentin
    Nachdem Jim also gestorben ist, entscheiden sich die drei Frauen, den Betrieb fortzuführen. Die Arbeit eines Bestattungsunternehmens ist ihnen bekannt, schließlich sind sie damit aufgewachsen und haben im Betrieb mitgeholfen. Völlig unerfahren sind sie allerdings, was die Arbeit eines Ermittlers betrifft. Doch die ersten Fälle lassen nicht lange auf sich warten, und sie tasten sich langsam an den Arbeitsalltag eines Detektivs heran. Zunächst sind es kleine Aufträge, die sie erhalten. Doch die größeren Fälle warten im eigenen Umfeld.
    Eine Studienkollegin und Mitbewohnerin von Hannah verschwindet spurlos. Das Engagement der Polizei ist eher gering, da es zunächst keine Hinweise auf ein Verbrechen gibt. Hannah stellt also eigene Nachforschungen an und erhält dabei Unterstützung von ihrer Mutter Jenny.
    Dorothy hat ihren eigenen persönlichen Fall. Denn wie sich herausstellt, hat Jim ein Geheimnis mit ins Grab genommen, das Spekulationen hinsichtlich der Aufrichtigkeit und Treue in der Ehe mit Dorothy aufwirft.

    "Eingeäschert" ist ein sehr entspannter Kriminalroman. Der Plot ist gut gemacht und schürt Erwartungen an einen etwas anderen Krimi - auf alle Fälle skurril.
    Die Handlung plätschert vor sich hin, es gibt kaum Spannung, erst zum Ende steigt der Spannungsbogen drastisch an. Insgesamt gibt es also wenig, das den Adrenalinspiegel des Lesers steigen lässt. Einen geringen Ausgleich erhält man jedoch durch den Einblick in den Alltag eines Bestatters, so dass zumindest hier die eine oder andere berufliche Routine für Grusel bei den Nicht-Bestattern unter den Lesern sorgt.

    Ein größerer Kritikpunkt an „Eingeäschert“ ist für mich der Versuch des Autors, seinem Roman einen feministischen Anstrich zu verpassen. Insbesondere seine Protagonistin Jenny ist eine Frau, die im Verlauf der Geschichte eine feministisch aggressive Seite von sich zeigt. Um es mit ihren Worten zu sagen:
    „Männer behandeln einen so oft wie den letzten Dreck, dass man gleich unendlich dankbar ist, wenn man einen findet, der kein komplettes Arschloch ist und hüpft sofort mit ihm ins Bett. …, Männer waren der verdammte Feind, ihr mieses Verhalten wurde von der Gesellschaft gerechtfertigt, und Frauen spielten dabei mit.“ (S. 144)

    Doug Johnstone schlachtet diesen Gedanken aus, lässt ihn immer wieder in unterschiedlichen Varianten die Handlung einfließen, was auf Dauer enervierend ist und mir den Roman ein wenig vermiest hat.

    Das große Plus dieses Romans ist jedoch der Lokalkolorit, den der Autor vermittelt. Doug Johnstone lebt selbst in Edinburgh und nimmt den Leser mit auf einen Ausflug durch seine Stadt. Wer die schottische Hauptstadt kennt, wird das Flair, das dieser Ort vermittelt, wiederfinden und sehr genießen. Der größte Teil der Schauplätze ist real und im Internet recherchierbar. Man ist also als Leser mittendrin im Stadtleben Edinburghs.

    Fazit:
    Keine Frage, „Eingeäschert“ ist ein besonderer Kriminalroman, doch besonders muss nicht immer gut sein. Der wunderbare Lokalkolorit und seine Skurrilität - die Pluspunkte dieses Romanes - sind nicht unbedingt Kriterien, die einen guten Krimi ausmachen. Mehr Spannung und weniger Krawall-Feminismus wären sicher förderlich gewesen, um diesen Roman aufzuwerten.

    © Renie

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  1. 4
    28. Jan 2022 

    Leben nach Jim

    Nach langjähriger Ehe ist der über siebzigjährige Jim Skelf plötzlich verstorben. Seine Frau Dorothy ist untröstlich, aber gleichzeitig pragmatisch. Sie hat mit Jim im gemeinsamen Bestattungsunternehmen gearbeitet und sie respektiert seinen Wunsch, dass er im eigenen Garten eingeäschert werden möchte. Ihr zur Seite stehen ihre Tochter Jenny und die Enkelin Hannah. Und dann muss das Leben weitergehen, was sich für die drei trauernden Frauen als nicht so einfach herausstellt. Denn nicht nur das Bestattungsunternehmen muss weitergeführt werden, auch die Detektei soll weiterlaufen. Und nicht jeder Kunde kennt den Verlust und so gibt es nicht immer eine gewisse Rücksichtnahme.

    Wie gehen Bestatter mit Trauer um? Sie sollten es doch eigentlich wissen. Doch die drei Skelf-Frauen aus Edinburgh verhalten sich nicht viel anders als andere Trauernde auch und damit wirken sie erfrischend normal. Es gilt, Leichen für die Bestattung vorzubereiten, es gilt, alten Herren zu helfen, die vermuten, sie würden bestohlen, es gilt, vermeintlich untreue Ehemänner zu beschatten. Und Hannah will ihre verschwundene Studienkollegin finden, während Dorothy sich daran macht, Jims große Lüge aufzudecken. Sie versuchen, ihren Verlust zu verarbeiten und gleichzeitig weiterzumachen. Dabei müssen die Drei feststellen, dass das Herz trotz aller Arbeit weiter schmerzt.

    Tartan Noir nennen sich diese leicht düsteren Kriminalromane, die in Schottland angesiedelt sind. Und dieser Roman ist ein guter Vertreter des Genres. Die schottische Hauptstadt hat ihren gebührenden Platz in der Handlung. Im Mittelpunkt stehen jedoch die drei Skelf-Frauen, die den Familienmittelpunkt verloren haben. Sie sind starke Frauen, die sich finden und durchsetzen wollen. Auch wenn sie manchmal etwas übertrieben reagieren, ihr Wille ist überzeugend. Und die Aufträge, die sie annehmen, sind spannend und mitunter im positiven Sinne skurril. Mag man hin und wieder auch einige Vorahnungen haben, bleiben doch reichlich Überraschungen. Dorothy, Jenny und Hannah haben ihre Eigenheiten, ja, aber sie sind durchweg sympathisch und sie haben Potential für weitere Abenteuer.

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