Die Seidendiebe

Buchseite und Rezensionen zu 'Die Seidendiebe' von Dirk Husemann
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5 von 5 (1 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Die Seidendiebe"

Byzanz, A.D. 552: Im Auftrag des Kaisers reisen die Spione Taurus und Olympiodorus ins ferne Asien, um das Geheimnis der Seidenproduktion zu lüften. Tatsächlich gelingt es ihnen, Seidenraupen zu stehlen und in hohlen Wanderstäben zu verstecken. Als buddhistische Mönche verkleidet, versuchen sie, die Beute unbeschadet nach Byzanz zu bringen - achttausend Meilen die Seidenstraße entlang. Doch das Wissen um den kostbaren Stoff hält ganze Völker am Leben, deren Herrscher in Windeseile die Verfolgung aufnehmen. Bald hängt das Leben der beiden Byzantiner und ihrer geheimnisvollen Begleiterin Helian Cui am seidenen Faden

Format:Taschenbuch
Seiten:432
EAN:9783404173815

Rezensionen zu "Die Seidendiebe"

  1. Ein wahre Geschichte, fantasievoll ausgeschmückt

    So abenteuerlich die Geschichte des Buches auch klingt, beruht sie doch auf einer wahren Begebenheit:

    Zwei als Mönche verkleidete Männer sollen tief im Herzen Chinas einige der unbezahlbaren Seidenraupen und damit das streng gehütete Geheimnis der Seidenproduktion gestohlen und dann an den byzantinischen Hof gebracht haben - so berichtet es der spätantike Historiker Prokopios von Caesarea, der etwa zwischen 500 und 562 n.Chr. lebte. Was für uns heute vielleicht zunächst nicht nach einer sonderlich bemerkenswerten Heldentat klingt, bedeutete damals doch eine unglaubliche wirtschaftliche Macht.

    Dirk Husemann greift diese Geschichte auf und verwebt in seinem Buch historische Fakten mit opulenter Atmosphäre, lebendigen Charakteren, fabulösem Abenteuer und einem reichen Schreibstil, der sich mal liest wie ein orientalisches Märchen, dann wieder wie ein Schelmenepos, manchmal sogar wie ein Eastern. Vieles hat der Autor sicher dazu erdichtet, aber in meinen Augen verschwimmen die Grenzen zwischen Fakt und Fiktion, so dass sich das Ergebnis nathlos, glaubhaft und schlüssig liest - und dabei sehr spannend und unterhaltsam. Ich hatte wirklich den Eindruck, einen Einblick in eine lang vergangene Zeit und mir vollkommen fremde Orte zu erhaschen, dabei aber kein trockenes Geschichtsbuch zu lesen.

    Ganz ehrlich? Ich muss zugeben, dass ich immer ein bisschen mit Berührungsängsten zu kämpfen habe, wenn ich einen historischen Roman lese. Meine Befürchtung ist stets, dass mein historisches Grundwissen möglicherweise nicht ausreicht, um den Roman wirklich gebührend würdigen zu können oder auch nur alles zu verstehen. Deswegen kann ich guten Gewissens sagen: "Die Seidendiebe" nimmt einem solche Berührungsängste schnell, denn die spannende Geschichte trägt den Leser mühelos über die Jahrhunderte hinweg. Und zumindest bei mir hat sie den Wunsch geweckt, mal wieder zu einem Geschichtsbuch zu greifen und mehr über die Zeit zu erfahren, in der das Buch spielt!

    Ein Wort zu den Charakteren: mein erster Eindruck von Taurus und Olympiodorus war kein allzu positiver. Sie kamen mir arrogant und selbstherrlich vor, sich ihrer Bedeutung als Bruder und Neffe des byzantinischen Kaisers mehr als bewusst. Außerdem sind sie ja eigentlich nicht unbedingt die Guten in dieser Geschichte, schließlich ist ihre Mission Spionage und Diebstahl! Aber im Buch vergeht eine größere Zeitspanne, in denen die beiden Männer mehr erleben als andere Menschen in einem ganzen Leben, und das geht nicht spurlos an ihnen vorbei... Sie wachsen an ihren Abenteuern, und letztendlich sind sie mir doch sehr ans Herz gewachsen, genauso wie viele der Nebencharaktere.

    Dirk Husemann stellt Taurus und Olympiodorus die buddhistische Nonne Helian Cui zur Seite, die zwar nur durch eine Kette von Zufällen in diesen abenteuerlichen Diebeszug hineingerät, aber durchaus ihre eigenen Geheimnisse hat, die sie verfolgen. Durch sie bekommt der Leser einen kleinen Eindruck von der Bedeutung des Buddhismus in der damaligen Zeit, und außerdem würzt sie die Geschichte mit einer Prise Romantik. Meines Erachtens wird es aber nie zu kitschig oder gar schwülstig.

    Mit der rachsüchtigen Nong E, der Besitzerin der Seidenplantage, die die beiden Byzantiner ausrauben, hat der Autor eine sehr extreme, zutiefst unsympathische Figur erschaffen. Obwohl sie ja zunächst eigentlich das Opfer ist, konnte ich schon bald kein Mitleid mehr mit ihr empfinden. Gelegentlich fand ich sie dadurch ein wenig zu eindimensional, aber die anderen Charaktere haben das meiner Meinung nach mehr als wettgemacht.

    Die Geschehnisse sind nicht immer vollkommen realistisch. Manches liest sich wirklich wie die Art von Abenteuer, die ein Geschichtenerzähler auf einem orientalischen Markt zum Besten geben könnte! Da kann ein schwächlicher Gelehrter zum Beispiel einen hünenhaften Krieger besiegen, und die Helden überstehen die aberwitzigsten, widrigsten Umstände. Aber für mich passte das zu Grundton und Atmosphäre des Buches, insofern hat es mich nicht gestört und der Glaubwürdigkeit für mich paradoxerweise keinen Abbruch getan. (Übrigens sollte man sich davon nicht in Sicherheit wiegen lassen - auch wenn es manchmal so scheint, die Protagonisten sind nicht unverwundbar...)

    Den Schreibstil fand ich einfach wunderbar, er ist so üppig und lebendig und bunt und detailverliebt... Man kann die Landschaften, Personen und Dinge richtig vor sich sehen und den heißen Wüstenwind spüren. Auch der feine Humor, der immer mal wieder aufblitzt, hat mich sehr angesprochen.

    Fazit:
    552 n.Chr.: Zwei selbstherrliche byzantinische Adlige ziehen los, um in China das Geheimnis der Seidenproduktion zu stehlen - ein buntes Abenteuer irgendwo zwischen Heldenreise, Schelmenepos und Eastern, das auf wahren Begebenheiten beruht.

    Außerdem ist "Die Seidendiebe" ein historischer Roman, der sich meines Erachtens gut für Einsteiger in das Genre eignet, denn die Geschichte ist unterhaltsam, leicht verständlich und spannend, bietet aber dennoch eine Vielzahl von historischen Fakten. Mit den Charakteren musste ich erst warm werden, aber schon nach wenigen Kapiteln habe ich dann doch mit ihnen mitgefiebert und konnte das Buch gar nicht mehr weglegen. Den Schreibstil habe ich mir manchmal richtig auf der Zunge zergehen lassen, so wunderbar üppig und verschwenderisch mit großartigen Bildern und Metaphern fand ich ihn.

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