Der Schneeleopard

Buchseite und Rezensionen zu 'Der Schneeleopard' von Tess Gerritsen
4.25
4.3 von 5 (4 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Der Schneeleopard"

In der Wildnis lauert das Böse ...


Die Polizei von Boston ermittelt in einem bizarren Mordfall. Die Leiche eines Jägers und Tierpräparators wurde gefunden – ausgeweidet und aufgehängt wie eines seiner Beutetiere. In den Wäldern werden Knochenreste eines weiteren Opfers entdeckt. Doch Boston ist nicht das einzige Jagdrevier des Killers. Es scheint eine Verbindung zu einem fünf Jahre zurückliegenden Vorfall in Afrika zu geben, wo die Teilnehmer einer Safari förmlich abgeschlachtet wurden. Nur eine Frau entkam dem Massaker und könnte Jane Rizzoli helfen, den Mörder zu identifizieren ...


Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:416
Verlag: Limes Verlag
EAN:9783809026372

Rezensionen zu "Der Schneeleopard"

  1. Geduld kann man lernen und genießen

    Inhalt: Es gehört schon eine Portion Verrücktheit oder Naturliebe dazu, sich auf 4000 Metern Höhe bei minus 30 Grad stundenlang auf die Lauer zu legen. Die Suche nach dem Schneeleoparden führt den Schriftsteller und Reisenden Sylvain Tesson an der Seite des bekannten Tierfotografen Vincent Munier nach Tibet. Was als Abenteuer in einer unglaublich eindrucksvollen Natur beginnt, wandelt sich mehr und mehr zu philosophischen Betrachtungen fern aller Zivilisation.
    Sylvain Tesson gelingt es, die abenteuerliche Fotoexpedition des Fotografen Vincent Munier in einer ungewöhnlich stillen und philosophischen Art zu schildern. Wer eine Tierdokumentation oder Details über den Schneeleoparden erwartet, darf das Buch getrost zur Seite legen, denn viel wird man über das Tier nicht erfahren.

    Vielmehr widmet sich der Autor der Reise an sich. Die Zurücklassung der Zivilisation mit all seiner Hektik, den urbanen Bedürfnissen oder Bindungen. In Tibet ist man Mensch in einer rauen, ehrlichen Natur. Die wenigsten von uns werden jemals in solche Regionen gelangen oder sich solchen körperlichen Belastungen aussetzen. Für mich unvorstellbar, sich über Stunden in einer Höhle bei utopisch kalten Gradzahlen zu verschanzen, um einen Blick auf eines der seltensten Tiere überhaupt werfen zu können. Vier Menschen, ein Fotograf, eine Filmemacherin, ein Assistent und der Autor über Wochen auf sich selbst gestellt im eisigen Nichts.

    "Die Temperatur machte alles unmöglich: Bewegungen, Worte, Melancholie. Wir waren bestenfalls in der Lage, mit dumpfer Hoffnung den Tag zu erwarten. ... Die Welt war gefrorene Ewigkeit."
    Besonders interessant finde ich die Betrachtungen von Vincent Munier. Ein Mensch, der sich offensichtlich wohler in der Natur als unter Menschen fühlt. Durch seine Erfahrung als Fotograf und Beobachter bekommt man eine neue Sichtweise auf die Tiere und ihr Verhalten. Man fühlt sich hineingezogen in diese besondere Stimmung, wenn Yaks über die Ebenen ziehen, ein Wolfsrudel heult oder Wildesel davonpreschen.

    "Und wir standen hier, in diesem gleißend hellen, morbiden Garten des Lebens. Munier hatte uns gewarnt, es sei das Paradies bei -30 °C. Das Leben verdichtete sich: geboren werden, laufen, sterben, verwesen, in einer anderen Gestalt wiederkehren."
    Bei all der Einsamkeit und Warterei kann man Tessons philosophische Betrachtungen nachvollziehen und verstehen. Wer würde die Welt nicht mit anderen Augen sehen, wenn sie so ursprünglich und klar vor einem liegt. Vieles berührt oder macht nachdenklich. Manchmal verliert sich der Autor allerdings auch in seinen Ausführungen. Eine verflossene Liebe vergleicht er mit dem Schneeleoparden und widmet ihr mehrere Passagen. Sicherlich eine schöne Erinnerung, doch für den Leser schwer nachvollziehbar. Sozialkritisch und mit eindringlichen Worten weist er dagegen auf den Einfluss der chinesischen Republik hin. Unglaublich mit was für einer brachialen Gewalt hier die Natur zerstört wird.

    Für mich ist dieses Buch auch eine Anregung, sich seine eigenen Rückzugsorte zu bilden. Die Anregung von Tesson, Beobachtungen in den Alltag einzubauen, finde ich interessant. Überall gibt es Dinge zu entdecken, wenn man die nötige Geduld dazu aufbringt.

    "Ich hatte gelernt, dass die Geduld eine höchste Tugend war, die eleganteste und meistvergessene. Sie half dabei, die Welt zu lieben, statt sie verändern zu wollen. Sie lud dazu ein, sich vor die Bühne zu setzen, die Vorstellung zu genießen - und sei es nur ein zitterndes Blatt."
    Vielleicht braucht es ein wenig Geduld, dieses Buch schätzen zu lernen. Aber mit jeder Zeile wurde ich mehr in dieses wunderschöne Tibet hineingezogen und habe die Stille genossen.

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  1. Panthera unica

    !ein Lesehighlight 2021!

    Klappentext:
    „Gemeinsam mit dem Fotografen Vincent Munier reist der Abenteurer und Schriftsteller Sylvain Tesson nach Tibet, um sich auf die Suche nach einem der seltensten Tiere dieser Erde zu begeben - dem Schneeleoparden. Ob sie dem Tier begegnen werden? Ungewiss.
    Auf über 4000 Metern, fernab vom Lärm der Zivilisation, hinterfragt Tesson eine Welt, in der kaum noch Raum bleibt für das Ungebändigte und die Entfaltung der Schönheit der Natur...“

    Gleich vorab: Autor Sylvain Tesson hat hier keinen normalen Beobachtungsbericht des Schneeleoparden aus Tibet verfasst oder eine Art Reiseführer der Gegend geschrieben. Das hier ist eine sehr tiefsinnige und persönliche Reise zu sich selbst, und genau die Reise zum Himalaya, die Suche nach dem Schneeleoparden, war dafür genau das Richtige für Tesson. Er beschreibt von Reiseantritt bis Ende alles genau und sachlich, aber dennoch erleben wir Leser gefühlvolle und sehr persönliche Momente. Die Suche nach dem Schneeleoparden wird so etwas wie der ungewollte Vorwand, es musste eben genau diese Reise für Tesson sein, um sich selbst zu finden. Andere fahren ans Meer, andere brauchen den Besuch auf einer Alm und Tesson musste nach Tibet. Was aber nicht nur den Autor fasziniert sondern gleichfalls auch den Leser, ist die Gegebenheit vor Ort. Tessons Beschreibungen sind feinstimmig und man hat das Gefühl, das Knistern von Schnee, Stille und Eis durch die Buchseiten hören zu können. Tesson reist aber nicht allein sondern mir einem Fotografen um den Schneeleoparden auch wirklich festzuhalten. Der Schneeleopard hat hier zwei Aspekte, einerseits wird er unbewusst das Mittel zum Zweck für die Selbstfindung aber auch zum Hauptakteur der Naturbeobachtungen. Gilt dieses Tier fast schon als ausgestorben, nehmen wir Leser die Beobachtungen von Tesson extrem bedrückend und als kleinen Geniestreich seinerseits auf. Muss man erst nach Tibet reisen um ein vom aussterben bedrohtes Tier zu finden? Ja, muss man, denn genau dort fühlt es sich noch sicher und es gibt unzählige andere Arten denen es genauso geht und diese sind über den gesamten Erdball verstreut. Aber es ist erschreckend zugleich zu sehen, wie wir Menschen es schaffen unsere Welt und deren Lebewesen Stück für Stück zu vernichten. Diese Erkenntnis belastet nicht nur uns Leser sondern auch Tesson selbst. Er beschreibt genau das was mir ebenso auf der Seele brennt, was mir schmerzt....
    Dieses Buch hat mich extrem tief bewegt, hat mein Leseniveau sehr weit nach oben geschraubt und einen ganz starken nachhallenden Effekt hinterlassen. Es wird sicherlich Leser geben, die mit dem Stil von Sylvain Tesson nicht viel anfangen können und es wird die geben, die genau so mitfühlen wie er.
    Ein ganz starkes Buch mit einem wunderschönen Protagonisten. Hoffen wir inständig, das wir noch lange vom reellen Leben der Schneeleoparden hören werden. 5 von 5 Sterne!

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  1. Spannend, aber nichts fürs Okawango-Delta

    Was haben das beinahe unbezahlbare Fell eines Schneeleoparden, ein bestialischer Mord an einem Tierpräparator in Boston und eine lang zurück liegende Safari in Botswana, bei der eine komplette Reisegruppe verschwindet, miteinander zu tun? Unter normalen Umständen vermutlich ziemlich wenig. Aber dass wir es hier nicht mit normalen Umständen zu tun haben, das lässt die Autorin Tess Gerritsen in ihrem 12. Band der Rizzoli-und-Isles Reihe den Leser schnell ahnen.

    Jane Rizzoli und Maura Isles sind ein eingeschworenes Ermittlerteam, das für das Boston Police Department Fälle löst. Irgendwie haben die beiden Damen Wiedererkennungswert, nicht nur aus den anderen Büchern der Reihe. Sie stehen für einen ganz bestimmten Typ, der sich in amerikanischen Crime-Serien oft findet. Es ist diese Mischung aus scharfem Verstand, Kaltschnäuzigkeit und taffem Auftreten, die man von irgendwoher zu kennen glaubt.

    Überhaupt scheinen Amerikaner einen etwas stärkeren Hang zu Drama und Klischee zu haben als andere Nationalitäten. Und da macht Tess Gerritsen als Autorin keine Ausnahme. Die Mutter der Polizistin Jane Rizzoli sitzt als psychopathische Mörderin im Gefängnis. Ihr Mann ist - natürlich - Special Agent beim FBI. Vermutlich gibt es diese Kombinationen wirklich, mir erschien sie ein klein wenig klischeehaft. Eine andere Lebenswirklichkeit durch einen ganz anderen Beruf eines Partners hätte der Geschichte vielleicht eine zusätzliche Dynamik gegeben.

    Aber Klischee hin oder her: die Geschichte hat es in sich. Gerritsens Erzählung über die Safari in Botswana und eine sich unter alptraumhaften Umständen auflösende Reisegruppe hat etwas sehr Beklemmendes. Das geht nicht mehr aus dem Kopf. Wer den Schneeleopard gelesen hat, dessen erster Gedanke ist vor einer Reise ins Okawango-Delta sicher nicht mehr das vergessene Mosiktonetz. Aber das hat was, genauso wie die raffiniert konstruierte Verbindung zu den Verbrechen in Boston Jahre später.

    Der Schneeleopard bietet in jedem Fall spannende und leicht zu lesende Unterhaltung mit routinierten Protagonisten, eine überraschende Auflösung und kann unter Umständen zu modifizierten Urlaubsplänen führen. Wer vor hat demnächst ins Okawango-Delta zu reisen, der sollte sich für die Reise eher nach einer anderen Urlaubslektüre umschauen und den Schneeleopard später lesen.

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  1. Tess Gerritsen: Rizzoli & Isles // #11 Der Schneeleopard

    ZUSAMMENFASSUNG:
    Als ein weithin bekannter Tierpräparator auf bestialische Weise ermordet und zudem so arrangiert wird, wie er es als passionierter Jäger unzählige Male mit seiner Beute getan haben muss - aufgehängt und ausgeweidet -, ist das erst ein Mord in einer ganzen Reihe, die ein skrupelloser Psychopath nicht nur in Boston, sondern auch in anderen Teilen der Vereinigten Staaten und sogar in Afrika begangen hat. Ein Mörder, dem auf die Spur zu kommen bisher noch niemandem gelungen ist. Aber Detective Jane Rizzoli und Gerichtsmedizinerin Dr. Maura Isles sind ja auch nicht irgendjemand ...

    FAZIT:
    Nachdem die Reihe um Jane Rizzoli und Maura Isles eine meiner absoluten Lieblingsbuchreihen ist, waren meine Erwartungen an das neueste Werk Tess Gerritsens entsprechend hoch. Und nur so viel - ich wurde nicht enttäuscht. Kaum hatte ich die erste Seite umgeblättert, war ich auch schon wieder mittendrin in einem so spannenden Fall, dass ich das Buch - mal wieder - einfach nicht weg legen konnte, ehe ich es bis zur letzten Seite durchgelesen hatte. Mein Fazit? Tess Gerritsen nimmt ihre Leser auch beim elften Mal wieder mit auf eine Reise, die ihre Leser nicht so schnell vergessen werden. Wie immer an Spannung kaum zu überbieten, weist dieses neue Werk für mich nur einen kleinen Kritikpunkt auf. Denn anders als in den Vorgängerbüchern bleibt am Ende dieses Buches so manche Frage leider unbeantwortet, Beweg- und Hintergründe offen. Daher auch meine Bewertung ...

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