Das Haus der Frauen: Roman

Buchseite und Rezensionen zu 'Das Haus der Frauen: Roman' von Colombani, Laetitia
4.65
4.7 von 5 (3 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Das Haus der Frauen: Roman"

In Paris steht ein Haus, das allen Frauen dieser Welt Zuflucht bietet. Auch der erfolgreichen Anwältin Solène, die nach einem Zusammenbruch ihr Leben in Frage stellt. Im »Haus der Frauen« schreibt sie nun im Auftrag der Bewohnerinnen Briefe - an die Ausländerbehörde, den zurückgelassenen Sohn in Guinea, den Geliebten - und erfährt das Glück des Zusammenhalts und die Magie dieses Hauses. Weil Solène anderen hilft, hat ihr Leben wieder einen Sinn. Doch wer war die Frau, die vor hundert Jahren allen Widerständen zum Trotz diesen Schutzort schuf? Solène beschließt, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron aufzuschreiben.

Format:Gebundene Ausgabe
Seiten:256
Verlag:
EAN:9783103900033

Rezensionen zu "Das Haus der Frauen: Roman"

  1. Die Geschichte von Blanche Peyron

    Nach dem Selbstmord eines Mandanten ist die erfolgreiche Anwältin Solène mit den Nerven am Ende. Die 40-Jährige erleidet einen Zusammenbruch, der sie ihr Leben infrage stellen lässt. Nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik kommt sie, noch immer nicht ganz von ihrer Depression geheilt, in Kontakt mit einem Pariser Wohnheim für Frauen. Ehrenamtlich soll sie die Bewohnerinnen bei deren Korrespondenzen unterstützen. Im Haus der Frauen erhält das Leben für Solène nicht nur einen neuen Sinn, sondern sie erfährt auch Zusammenhalt. Sie beschließt nachzuforschen, was die 58-jährige Begründerin Blanche Peyron vor 100 Jahren dazu bewog, das Frauenheim trotz aller Widerstände zu schaffen…

    „Das Haus der Frauen“ ist der zweite Roman von Laetitia Colombani.

    Meine Meinung:
    Der Roman besteht aus 28 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Es gibt zwei Stränge: Einerseits befinden wir uns mit Solène im Paris der Gegenwart und andererseits mit Blanche Peyron in den 1920er-Jahren, jeweils erzählt im Präsens. Dieser Aufbau funktioniert gut.

    Bereits bei ihrem Debütroman hat mir der Schreibstil der Autorin gefallen. Auch dieses Mal ist die Sprache klar, aber schafft es, viele Bilder hervorzurufen. Obwohl im Roman auf direkte Rede verzichtet wird, ist der Erzählton erneut einfühlsam und warmherzig.

    Wie schon in „Der Zopf“ stehen auch dieses Mal starke Frauen im Vordergrund. Sowohl Solène als auch Blanche wirken authentisch. Ihre Gedanken und Gefühlen sind gut nachvollziehbar, ihre Geschichten habe ich gerne verfolgt.

    Toll finde ich, dass der Roman auf wahren Begebenheiten beruht. Fakten und Fiktionen werden so gekonnt miteinander verwoben. Das „Palais de la Femme“ in Paris existiert wirklich. Es ist interessant, die Geschichte der Begründerin Blanche Peyron zu erfahren. Schön, dass ihr Engagement nun literarisch bearbeitet wurde. Die fundierte Recherche ist dem Roman anzumerken.

    Auf rund 250 Seiten werden mehrere bedrückende Frauenschicksale dargestellt, was den Roman zugleich abwechslungsreich und berührend macht. Langeweile kommt beim Lesen nicht auf, obwohl die schlüssige Handlung nur wenige Überraschungen bieten kann.

    Das Cover, das stilistisch an den Vorgängerroman der Autorin erinnert, ist nicht nur thematisch passend, sondern auch wieder hübsch anzuschauen. Leider orientiert sich der deutsche Titel dieses Mal nicht so nah am französischsprachigen Original („Les Victorieuses“), was ich schade finde.

    Mein Fazit:
    Mit „Das Haus der Frauen“ legt Laetitia Colombani wieder einen empfehlenswerten Roman vor, der zwar nicht ganz an „Der Zopf“ heranreicht, aber mich ebenfalls überzeugt hat. Die Geschichte sorgt für schöne Lesestunden.

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  1. 4
    26. Mär 2020 

    Starkes Buch über Empathie u. Solidarität, Willensstärke u. Mut

    In diesem 2. wunderbaren Roman von Laetitia Colombani geht es um zwei Frauen, Solène und Blanche, die sich für ein Leben entscheiden, in dem sie anderen Menschen helfen.
    Aber nicht irgendwelchen Menschen, sondern denen, die am Rand der Gesellschaft leben:
    Frauen, die in einem Frauenwohnheim oder Obdachlose, die auf der Straße leben.

    Wie bereits in „Der Zopf“ führt die Autorin dem Leser Welten vor Augen, die wenig mit dem sicheren und behüteten Alltag der gut situierten und privilegierten Gesellschaft zu tun haben.

    Gekonnt, geschmeidig, unaufgeregt und interessant verknüpft sie, wie schon im Vorgängerroman die Geschichten und Schicksale unterschiedlicher Lebensrealitäten miteinander.

    Die Autorin bewegt sich dabei auf einem schmalen Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Schwere auf der einen Seite und interessanter Lektüre bzw. fesselnder Unterhaltung auf der anderen Seite.

    Meines Erachtens meistert sie diese Gradwanderung hervorragend.

    Es ist ein ergreifender und erhellender Roman über Blanche Peyron, die 1926 unter schwierigsten Voraussetzungen eines der ersten Frauenhäuser gegründet hat, den „Palais de La Femme“ der tatsächlich existiert und Solène, die durch den Suizid eines Klienten in eine depressive Krise rutscht.

    Das Buch beginnt und endet mit dem Gebet einer Schwester der Ordensgemeinschaft „Töchter vom Heiligen Kreuz“, der das Wohl der Bedürftigen am Herzen liegt.
    Einige Gedanken von William Booth, der Mitte des 19.Jh die Heilsarmee gegründet hat, sind dem anfänglichen Gebet vorangestellt.

    Nach diesen einführenden Worten landen wir mitten im Paris der Gegenwart:

    Die 40jährige engagierte und renommierte Anwältin Solène verlässt mit ihrem Mandanten, der soeben verurteilt wurde, den Gerichtssaal des Pariser Justizpalastes.
    Noch ehe sie es wahrnehmen oder gar reagieren kann, stürzt er SICH über die Brüstung in den Tod und SIE dadurch in tiefe Verzweiflung.

    Psychopharmaka und einige Wochen stationäre psychiatrische Behandlung helfen ihr dabei, wieder einigermaßen zurechtkommen, aber eine depressive Verstimmung mit Antriebslosigkeit und Schuldgefühlen lassen sie nach der Entlassung zu Hause nur dahinvegetieren... bis sie auf ein Stellenangebot stößt, das etwas in ihr berührt und bewegt:
    Öffentliche Schreiberin.

    Verschiedene Gedanken über ihr bisheriges Leben werden durch diese Annonce angestoßen und auf diese Weise erfahren wir so Manches aus ihrer Biografie und über ihre Lebensweise. Wir lernen auch ihren Kindheitstraum kennen:
    Schriftstellerin.
    Auf Druck und Anraten ihrer Eltern hat sie ihn jedoch begraben, um wie Mutter und Vater Jura zu studieren.

    Nachdem wir Solène kennengelernt haben, machen wir einen Zeitsprung und landen im Winter des Jahres 1925 bei Albin und Blanche, die ebenfalls in Paris leben.
    Albin sorgt sich um seine 58jährige Frau Blanche, die trotz starker gesundheitlicher Beeinträchtigung ihrer Arbeit in einer sozialen Einrichtung, der Heilsarmee, nachgeht.

    Schon als Kind war Blanche ein temperamentvoller und willensstarker Wirbelwind, der sich gegen Ungerechtigkeiten wehrte.
    Und es dauerte nicht lange, bis sie sich entgegen dem Wunsch ihrer Mutter, entgegen dem gängigen Rollenklischee und trotz der Ablehnung aus ihrem Umfeld in der Heilsarmee verpflichtet, um sich für Benachteiligte und Bedürftige einzusetzen.
    Und dann lernt sie Albin kennen...

    Ich empfand Bewunderung für die Willensstärke, für den Mut und für das selbstlose Engagement von Blanche, aber auch Empörung über den Wind, der ihr entgegenschlägt.

    Ich machte mir aber auch Gedanken darüber, wo die Grenzen eines solchen sozialen Engagements sein „sollten“, ab wann aus bewundernswerter Nächstenliebe, unvernünftige und zerstörerische Selbstaufgabe wird und ob es Zeitpunkte gibt, ab denen sich Stärke und Wille in Starrsinn und Unvernunft verwandeln.

    Der Leser bekommt berührende Einblicke in unterschiedliche Kulturen, Nöte und bedrückende Schicksale. Sein Blick wird in Richtung einer Welt gelenkt, die die meisten von uns nur aus der Theorie kennen:
    Die Welt der Armen und Notleidenden.

    Der Ton im „Haus der Frauen“ ist zwar überwiegend ernsthaft und melancholisch, aber trotz der Schwere beendet man den Roman hoffnungsvoll, ermutigt und mit einem guten Gefühl.

    In diesem 256 Seiten langen Werk stecken verschiedenste Themen und Botschaften.

    Es geht darum, den eigenen Weg zu finden und zu gehen, statt seine Bedürfnisse hintanzustellen und die (vermeintlichen) Erwartungen Anderer zu erfüllen.

    Normen zu hinterfragen, Mut zu Veränderung zu haben und sich auf Neues einzulassen, spielt ebenso eine Rolle, wie Erfüllung und Sinn in seinem Tun zu finden.

    Am augenscheinlichsten, jedoch zu keinem Zeitpunkt plump, ist m. E. das Plädoyer der Autorin für soziales Engagement, (Mit-) Menschlichkeit, Empathie, Zusammenhalt und Solidarität.

    Sie führt dem Leser vor Augen, was mit Wille, Überzeugung und tatkräftigem Handeln erreicht werden kann.

    Der Roman ist unbedingt lesenswert!

    Etwas für‘s Herz, etwas das aufwühlt, etwas, das den Horizont erweitert und etwas zum Nachdenken.

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  1. Das Schicksal ist nicht immer besiegelt...

    Gleich vorweg: Der Roman ist anders als "Der Zopf", aber keineswegs schlechter. Mich wird die Autorin als Fan behalten.

    In der Geschichte geht es um Solène, die nach einem schweren Schicksalsschlag im Haus der Frauen landet. Sie ist dort kein Gast, sondern versucht die Frauen dort zu unterstützen. Wird sie es schaffen ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen und anderen zu helfen? Oder wird sie in dem dunklen Strudel versinken, in dem sie derzeit gefangen ist?

    Auch in diesem Roman überzeugt die Autorin durch ihren Stil. Sie verwendet keine schnörkelige Sprache oder ist übermäßig bildhaft und dennoch traf sie mich mitten ins Herz.

    Die Handlung weist zwei Handlungsstränge auf, die uns von einem beobachtenden Erzähler nahe gebracht werden. Zum einen befinden wir uns bei Solène im heutigen Paris, zum anderen bei Blanche in den 20er Jahren.

    Solène als Protagonistin hat mir gut gefallen, denn trotz aller Privilegien, die ihr das Leben bietet, ist sie nicht glücklich, versucht aber daran etwas zu ändern. Es wird deutlich, dass jedem das Schicksal übel mitspielen kann und dass man nur durch eigene Kraft sein Leben zum Positiven verändern kann. Ich konnte mich sehr gut in unsere Hauptakteurin hineinversetzen. Auch wenn ein Erzähler uns ihr Leben nahe bringt, spürt man ihre Emotionen sehr intensiv.

    Für Blanche gilt meine uneingeschränkte Bewunderung, da ihre Aufopferung einem Engel in der Not gleich kommt. Man kann sich nur wünschen, dass es mehr Menschen wie sie gibt, die sich um andere in Not kümmern.

    Das Buch liefert jede Menge Hoffnung, denn an jedem Ende eines Tunnels scheint auch wieder Licht. Es zeigt auf, dass man Mut haben und sich den Widrigkeiten stellen muss. Die Geschichte Solènes stärkt mich darin meinen Weg zu gehen.

    Fazit: Ich habe die Lektüre sehr genossen und kann nur einen uneingeschränkte Leseempfehlung aussprechen. Ein Roman, der zu Herzen geht und berührt, weshalb ihr ihn unbedingt lesen solltet. Spitzenklasse!

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